Der ehemalige Wasserspringer Jan Hempel hat den DSV auf Schadensersatz und Schmerzensgeld verklagt. Er wirft dem Verband vor, in der Überwachung seiner Trainer versagt zu haben.
Die ARD-Dokumentation „Missbraucht“ schlug im vergangenen Sommer große Wellen. Der ehemalige Wasserspringer Jan Hempel berichtete darin, dass er mehr als 14 Jahre lang von seinem Trainer Werner Langer missbraucht worden sei. Nach eigenen Angaben habe der Sportler Dritte über die Vorfälle informiert, passiert sei allerdings nichts. Der DSV will von all dem nichts gewusst haben.
DSV hält Ausgleichszahlungen für unmöglich
Jetzt hat Jan Hempel den DSV auf Schmerzensgeld und Schadensersatz „in siebenstelliger Höhe“ verklagt, wie sein Anwalt Thomas Summerer der Sportschau mitteilte. „Die Organisation Deutscher Schwimm-Verband hat völlig versagt in der Überwachung und in der Kontrolle seiner Trainer“, sagt der Anwalt. „Es gab nur Vertuschung. Dieses Organisationsverschulden führt dazu, dass ein Verband haftet.“ Sollten Hempel und sein Anwalt mit ihrer Klage Erfolg haben, könnte der Präzedenzfall große Auswirkungen auf den deutschen Sport haben.
Der DSV reagierte in einer Pressemitteilung, ohne dabei den Namen Jan Hempel zu nennen. „Die Hilfsmöglichkeiten finanzieller Art sind nach aktueller Rechtslage aber begrenzt, gemeinnützige Sportverbände dürfen Mittel nur ausgeben für Dinge, die ihrem satzungsgemäßen Zweck entsprechen, also der Gemeinheit zugutekommen“, heißt es dort. Deswegen seien finanzielle Ausgleichszahlungen an Einzelpersonen nach aktueller Rechtslage nicht möglich. „Das betrifft den gesamten Sport. Wir sind daher mit anderen Institutionen wie dem BMI, dem DOSB oder auch Athleten Deutschland bereits im Austausch darüber, wie die Möglichkeit eines angemessenen materiellen Ausgleichs aussehen könnte“, sagt DSV-Vizepräsident Wolfgang Rupieper. Grundsätzlich sei klar, dass es eine Wiedergutmachung geben muss. Anwalt Summerer hält es für ein vorgeschobenes Argument, dass der DSV aus rechtlichen Gründen keine Ausgleichszahlungen leisten könne. „Wenn der DSV zu einer Zahlung verurteilt wird, wird er sich auf gar keinen Fall auf die Gemeinnützigkeit berufen können“, sagte er der Sportschau. Hempels Anwalt habe erst versucht, sich außergerichtlich mit dem DSV zu einigen, die Verhandlungen wurden jedoch abgebrochen. Er sei „auf ein Schweigekartell“ gestoßen.
Erst Anfang des Monats hat eine externe Aufarbeitungskommission ihre Arbeit aufgenommen. Nach einem Jahr Arbeit soll das Team einen Bericht über die bis dahin gewonnenen Erkenntnisse vorlegen. Ein weiterer Fall, der von den Experten untersucht werden dürfte, ist der des ehemaligen Wasserspringers Franz Marbaise. In den 1960er Jahren sei er von seinem Trainer missbraucht worden, sagt Marbaise in der Sportschau. Als er später seinen Eltern und einem Vereinsverantwortlichen davon erzählt habe, habe man ihm nicht geglaubt. „Ich hatte das Gefühl, da sitzt der Trainer als Opfer meiner Willkür vor uns“, sagt der ehemalige Springer. Der von Marbaise beschuldigte Trainer war eine enge Bezugsperson der ehemaligen Bundestrainerin Ursula Klinger. Klinger soll zu den Personen gehören, die dafür verantwortlich waren, dass der Missbrauch an Jan Hempel nicht aufgearbeitet wurde.