Erster Tag der 135. Deutschen Meisterschaften in Berlin, 17:24 Uhr. Das Finale über 400 Meter Freistil steht auf dem Programm. Eine Strecke, die in Deutschland zunehmend wieder funktioniert. Und die Tradition hat: Paul Biedermann hält seit 15 Jahren den Weltrekord. In 3:40,07 Minuten rang der Hallenser bei der WM in Rom damals den großen Michael Phelps nieder.
Biedermann & Co. schwammen damals in den Hightech-Anzügen, die später verboten wurden. Heute wird in Berlin nackte Brust gezeigt. Mit breiter Brust ins Rennen geht der Magdeburger Lukas Märtens, der mit der Bronzemedaille bei der diesjährigen WM in die Weltspitze vorgedrungen war.
Heute in Berlin ist man unter sich. Absolute Spitzenzeiten sind nicht unbedingt zu erwarten, eher geht es bei Märtens um die Bestätigung seiner Form und nationalen Vormachtstellung. Auf die Plätze … und los geht die wilde Jagd über die acht schmerzvollen Bahnen.
Schon nach wenigen Metern wird klar: Der Sieg wird über den WM-Dritten aus Magdeburg gehen.
Gelassen sieht er aus, der Stil des Lukas Märtens. Nicht so gelassen wie der seines Vereinskollegen Florian Wellbrock, der auf den längeren Strecken das Maß aller Dinge ist. Über 400 Meter darf es durchaus auch mal spritzen.
Acht, sieben, sechs – wir zählen die Bahnen herunter, während Märtens‘ Vorsprung steigt. Es ist ein Rennen gegen … Ja, gegen wen eigentlich? Die Konkurrenz ist abgehängt. Auch Märtens selbst wird so gefestigt, dass mit einem Einbruch nicht zu rechnen ist, er tritt also auch nicht gegen sich selbst an. Heißt der einzige verbleibende Gegner etwa … Paul Biedermann?
Die acht Bahnen sind absolviert. Also für Märtens, die Konkurrenz schwimmt noch. Anschlag, Blick auf die Anzeigetafel, eine erste Orientierung.
Und der Blick zurück. Das war schnell – aber wie schnell?
Während die sieben anderen Männer noch kraulen, realisiert Lukas Märtens: Heute ist ein besonderer Tag. Das Rennen war schnell. Verdammt schnell.
Und dann der Moment, in dem der 22-Jährige realisiert: 3:40,33 ist seine heutige Zeit, so schnell wie nie zuvor, und fast so schnell wie einst Paul Biedermann.
Noch ist der Europameister ungläubig …
Doch dann darf sie raus, die Restenergie, die Freude, die Gewissheit, dass er auf dem richtigen Weg nach Olympia, auf dem richtigen Weg nach Paris 2024 ist.
Erster Gratulant ist der Zweite dieses Rennens: Sven Schwarz aus Hannover schlägt sechs Sekunden nach Märtens an.
Ein neuer deutscher Schwimmheld kommt an Land – Lukas Märtens, der Mann, der in die großen Fußstapfen des Paul Biedermann treten kann.
Die ersten drei der DM über 400 Meter Freistil: Silbermedaillengewinner Sven Schwarz (W98 Hannover), Meister Lukas Märtens (SC Magdeburg) und Henning Mühlleitner (Sport-Union Neckarsulm).
Und so lächelt es sich nach einem Fast-Weltrekord: Lukas Märtens, 400 Meter Freistil in 3:40,33 Minuten!