Freitag, 26. April 2024

Höllisch gut in Hallstatt

Martin Tschepe Der schnellste Schwimmer im Hallstädter See, Kilian Franke, macht es vor: Wie immer beim Eisschwimmen erfolgt der Start aus dem Wasser.

Was für ein Tag. Und was für ein Gefühl! Für viele der 66 Starter ist das 4. Hallstätter-See-Eisschwimmen, der erste Wettbewerb im kalten Wasser seit dem Beginn der Pandemie. Seit zwei Jahren! Etwa für Matthias Kaßner. Der Berliner lässt nach dem Schwimmen auf Facebook alle an seiner Stimmung teilhaben, erzählt von „fantastischen Tagen“ – und bedankt sich überschwänglich bei Josef Köberl, dem Präsidenten der österreichischen Sektion der International Ice Swimming Association (IIAS), und beim Veranstalter Berhard Höll. Höllisch gut, dieser Tag, sagen viele Schwimmer augenzwinkernd.

Samstagmorgen, 9 Uhr. Alle Athleten haben aktuelle Coronatests vorgelegen müssen, obwohl in der Alpenrepublik seit diesem Tag fast alle Beschränkungen aufhoben worden sind. Aber sicher ist sicher, so das Motto der Veranstalter. Es gilt nach wie vor 2G+, also geimpft oder genesen und getestet. Die Starterinnen und Starter über die 1.000 Meter haben sich von der Wettkampfärztin durchchecken lassen. Ein Mann darf wegen zu hohen Blutdrucks nicht mitmachen – er wird später bei der Siegerehrung statt einer Urkunde eine Flasche Rote-Beete-Saft bekommen. Das Zeug, heißt es, helfe, den Blutdruck zu senken. Aber bereits vor dem ersten Start ist allen längst klar: Bei diesem Eisschwimmen im traumhaft gelegenen See in den Bergen geht es nicht immer bierernst zu. Wie schön.

Martin Tschepe Beliebter Treff: Nach dem Schwimmen wird es im warmen Wasser eng.

Grandiose Kulisse

Die Sportler indes wollen trotzdem Leistung bringen. Manche sind nur darauf aus, ihre Strecke im eiskalten Wasser überhaupt zu bewältigen. Für sie gilt das olympische Motto: Dabei sein ist alles. Andere wollen gewinnen. Alisa Fatum zum Beispiel, die Weltrekordhalterin über die Mammutstrecke. Ganz souverän gewinnt die Frau, die für den SSV Leutzsch startet, ihre Paradestrecke. Sie benötigt für den Kilometer 13:30 Minuten.

Ich bin in Hallstatt nicht nur als Reporter dabei, ich will mal wieder mit kraulen. Es ist auch mein erster Wettkampf im Eiswasser seit Ende Februar 2020. Bei den Männern ist kein Weltrekordhalter am Start, was die Sache im Vergleich zur Wertung bei den Frauen ungemein vereinfacht. Ich gehe meinen Lauf beherzt an, setze mich schnell ab von den drei Mitschwimmern, kann die grandiose Kulisse mit dem Alpenpanorama gelegentlich sogar während des Atmens ein bisschen genießen – und schlage als Erster an, nach 15:13 Minuten. Platz eins, nicht nur in diesem Lauf, sondern im Gesamtklassement. Rund 15 Sekunden vor dem Zweitplatzierten Peter Plavec aus der Slowakei.

Martin Tschepe Alisa Fatum war die Schnellste über 1.000 Meter.

Ohne Startsprung und Rollwende

Herausragende Leistungen liefern unter anderem Franziska Partheymüller vom WSV Bad Tölz und Kilian Franke vom Serwus Burghausen ab. Beide gewinnen mehrmals die Gesamtwertung. Franziska Partheymüller etwa über 50 Meter Brust in 38,6 Sekunden, Kilian Franke über 50 Meter Freistil im 27,3 Sekunden – wohlgemerkt, wie beim Eisschwimmen Usus, mit Start aus dem Wasser und beim Freistilschwimmen ohne Rollwende. Um die Mittagszeit brennt die Wintersonne weiter vom Himmel. Nach den kurzen Strecken ist der Besuch der mobilen Sauna oder des Hut Tubes, eines großen Bottichs, gefüllt mit heißem Wasser, gar nicht unbedingt nötig. Wer die 500 Meter oder die 1.000 Meter geschwommen ist hingegen, freut sich über die wohlige Wärme im Zuber und in der Schwitzkabine mit Seeblick.

Das Seeschwimmen endet mit den Staffeln. Diese viermal 50 Meter Freistil gewinnt das Team swim.de – Alisa Fatum, Franziska Partheymüller, Dominik Parthymüller, Martin Tschepe – souverän in 2:09 Minuten. Bernhard Höll, wir kommen wieder. Danke für diesen Lichtblick in trüben Zeiten.

Martin Tschepe
Martin Tschepehttp://www.bahn9.de/
Martin Tschepe ist freier Autor, Swimguide, Freiwasser- und Eisschwimmer des SV Ludwigsburg.

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