Die Altstadt ist bei jedem Armzug im Blick. Grandios. Das Wasser ist ein bisschen wärmer als der Atlantik – jedenfalls bei Sonnenschein. Und wenn die Flut kommt, dann ist es ganz schnell weg, das einmalige Meerwasserbecken vor der Altstadt von Saint-Malo in Nordfrankreich.
Wer zu spät kommt, den betraft das Hochwasser. Er wird das Becken, das kostenfrei genutzt werden darf, kaum finden. Nur der Sprungturm ragt dann noch aus dem Meer. Wer indes bei auflaufendem Wasser in das Becken steigt und ein paar Bahnen zieht, der wird – wenn er lange genug abwartet – Augenzeuge eines einmaligen Schauspiels.
Dann geht es blitzschnell
Ein paar hundert Meter sind geschwommen. Nur gut, dass ich mein Handtuch und die Kleidung auf einem hohen Fels abgelegt habe und nicht am Beckenrand. Denn das Meer steigt auf einmal blitzschnell an. Die erste Welle schwappt zunächst nur ganz leicht über die Beckenmauern. Dann aber geht alles ganz schnell. Die Wellen werden höher und höher. Trainieren ist jetzt kaum mehr möglich. Man würde die Wand verfehlen, entweder viel zu früh wenden oder aber gegen die ins Meer betonierte Mauer prallen.
Für ein paar Kinder und Jugendliche ist jetzt ganz offenkundig die beste Zeit im Meerwasserbecken. Sie stürmen das Pool. Rennen auf der Beckenumrandung, die bereits knöcheltief unter Wasser steht herum, schreien, lachen, freuen sich des Lebens am Meer.
Schwimmer, die ihren Bahnen ziehen wollen, müssen sich nun ein bisschen gedulden. In ein paar Stunden wird der Atlantik das Becken wieder freigeben. Und das Schauspiel beginnt von vorne.
Martin Tschepe ist Redakteur der Stuttgarter Zeitung und Langstreckenschwimmer des SV Ludwigsburg. Auf swim.de berichtet er gelegentlich von seinen Schwimm-Abenteuern.