Samstag, 27. April 2024

Das ist der Gipfel

Eigentlich wollten wir ja nur wandern – in den Allgäuer Alpen. Doch schon beim Aufstieg auf den ersten von drei Gipfeln ist klar: Wir müssen unbedingt auch schwimmen. Im Gaisalpsee, der auf rund 1.500 Höhenmetern liegt. Das Wasser ist vermutlich erfrischend kühl – genau richtig für uns Eisschwimmer, die in die neue Wintersaison starten wollen.

Gaisalpsee
Martin Tschepe

Erst wandern, dann schwimmen

Als wir – mein Schwimmfreund Reiner Koch und ich – nach eine paar schweißtreibenden Stunden den Entschenkopf, das Geißalphorn und das Rubihorn bestiegen haben, machen wir uns auf den Weg zu dem idyllisch gelegenen See. Die Sonne lacht an diesem Septembertag vom Himmel, ein paar andere Wanderer liegen auf den Wiesen und ruhen sich aus. Und wir reißen uns die Klamotten vom Leib, steigen in die Schwimmhosen und stürzen uns ins Wasser – das etwa 13 Grad haben dürfte. Das Thermometer, das ich fast immer fast überall hin schleppe, liegt leider unten in Tal bei Oberstdorf im Auto.

Traumhafte Kulisse

Das Seewasser ist glasklar, ein paar kleine Fische sind zu erkennen und allerorten Grünzeug auf dem Seegrund. Und ab geht’s: Wir kraulen zum anderen Ufer, diese kleine Seequerung ist nicht lang. 200 Meter weit, sagt die GPS-Uhr am Handgelenk. Aber was für eine traumhaft Kulisse! Bei jeden Kraularmzug sieht der Schwimmer in 2.000 Metern Höhe die Gipfel der Berge, den tiefblauen Himmel und auf den Wiesen ein paar Kühe, die demnächst hinunter getrieben werden. Die Sommersaison geht zu Ende – wir sollten nochmal hoch kommen – für ein echtes Eisschwimm-Training. Die 13 Grad fühlen sich richtig gut an. Wir schwimmen ein bisschen hin und her, vor und zurück – und am Ufer entlang.

Gaisalpsee
Martin Tschepe Der Autor krault im Gaisalpsee

Der Gaisalpsee ist ein sogenannter Karsee aus der Eiszeit. Wer weiß, womöglich ist ein Teil des Wassers, in dem wir geschwommen sind, seit der Eiszeit im See – keine schlechte Vorstellung für waschechte Eisschwimmer. Dieser See und der weiter oben gelegene Kleine Gaisalpsee entstanden zu einer Zeit, als die Allgäuer Alpen von einer dicken Eismasse bedeckt waren. Am Ende der Täler liefen die Eismassen zusammen und gruben tiefe Mulden. Es entstanden die Kare, die mit ihren terrassenartigen Formen Platz boten.Das Seewasser läuft über den Gaisalpbach in die Iller – und dieser Fluss fließt unten bei Sonthofen gleich neben dem Sonthofener See vorbei. Keine Frage: Nach dem Abstieg springen wir auch noch in diesen See, in dem der Allgäuer Hamza Bakircioglu regelmäßig trainiert – der Mann, der den Rekord im Langstrecken-Eischwimmen hält, und der mich bei meiner Bodensee-Querung begleitet hat.

Martin Tschepe (54) ist Redakteur bei der Stuttgarter Zeitung und Langstreckenschwimmer beim SV Ludwigsburg. Auf swim.de berichtet er gelegentlich von seinen Schwimm-Abenteuern. Mit seinen Projekten sammelt er Spenden für ein Behinderten-Schwimmprojekt. Infos auf www.bahn9.de

Martin Tschepe
Martin Tschepehttp://www.bahn9.de/
Martin Tschepe ist freier Autor, Swimguide, Freiwasser- und Eisschwimmer des SV Ludwigsburg.

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