Noch vor zwei Jahren hätte wohl kaum einer damit gerechnet, dass in naher Zukunft ein Schwimmer über 200 Meter Schmetterling schneller sein wird als Michael Phelps. Schließlich war dies die überragende Strecke des größten Schwimmstars aller Zeiten. Hier schwamm er schon als 15-Jähriger sein ersten Olympiafinale (Platz 5 in Sydney) und holte später insgesamt acht Goldmedaillen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Den Weltrekord verbesserte Phelps ebenfalls achtmal. Seine 1:51,51 Minuten, geschwommen im Hightech-Anzug bei der WM 2009 in Rom, schienen für die Ewigkeit in Stein gemeißelt.
Bis Kristof Milak kam. Der Ungar lieferte vor zwei Jahren in Südkorea das Sahnestück der Weltmeisterschaften ab. In 1:50,73 Minuten ließ er seine Rivalen im WM-Finale gleich um mehrere Längen hinter sich und blieb ganze 0,78 Sekunden unter der Phelps-Marke. Vor allem auf der vierten Bahn ist Milak eine Klasse für sich. Während auf den letzten 50 Metern dieser kräftezehrenden Strecke fast alle Schwimmer abbauen, kann der heute 20-Jährige sein bereits bis dahin konstant hohes Tempo bis ins Ziel halten. Diese Fähigkeit demonstrierte er am Mittwoch erneut eindrucksvoll. Bei seinem Sieg im EM-Finale von Budapest vor dem Italiener Federico Burdisso (1:54,28 Minuten) und Landsmann Tamas Kenderesi (1:54,43 Minuten) schwamm Milak die letzte Bahn als einziger unter 30 Sekunden (29,34 Sekunden) und erzielte in 1:51,10 Minuten die zweitbeste Zeit seiner Karriere. Zusammen mit seinen 1:51,40 Minuten bei den ungarischen Meisterschaften im März war er bereits zum dritten Mal schneller als Phelps.
Gold so sicher wie für Peaty oder Dressel
Wer also soll diesen Kristof Milak in Tokio schlagen? Die Antwort: wahrscheinlich niemand. Weder 2012-Olympiasieger Chad le Clos (Bestzeit: 1:52,96 Minuten) noch der Japaner Daiya Seto (Bestzeit 1:52,53 Minuten) scheinen derzeit in der Lage, Milaks Zeiten schwimmen zu können, sofern sie bei den Spielen überhaupt über 200 Meter Schmetterling antreten. Natürlich weiß man nie, wer bei den Spielen noch um die Ecke kommt, doch hält der Ungar bis Ende Juli seine Form, sollte Olympiagold für ihn fast so sicher sein wie das der anderen 100-Prozenter Adam Peaty (100 Meter Brust), Caeleb Dressel (100 Meter Schmetterling) oder Katie Ledecky (1.500 Meter Freistil).