Freitag, 26. April 2024

Coole Meisterschaften in Veitsbronn

So muss Eisschwimmen sein: Am Morgen des dritten und letzten Wettkampftags der Ice Swimming Aqua Sphere German Open im fränkischen Veitsbronn ist das 50-Meter-Becken komplett zugefroren. Eine dünne Eisschicht bedeckt die Wasserfläche, was vielen Sportlern bei strahlendem Sonnenschein ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Die Wassertemperatur des Veitsbads ist auf unter drei Grad gefallen. Nach einer gut halbstündigen Verzögerung – die Helfer befreien das Becken vom Eis – beginnen die Wettkämpfe.

Vom ersten Tag an zaubern die weltbesten Eisschwimmer, die am ersten Januarwochenende nach Veitsbronn gekommen sind, Fabelzeiten ins Becken. Zum Beispiel Alisa Fatum aus Leipzig, die ihren eigenen Weltrekord über die Königsdisziplin 1.000 Meter (oder muss man Königinnendisziplin sagen?) nur um wenige Zehntelsekunden verfehlt. Fatum schwimmt 12:49 Minuten – und mit dieser Zeit schneller als alle anderen – auch als alle Männer. Erstmals tritt der ehemalige slowenische Nationalschwimmer Luka Turk in Veitsbronn an – und erzählt, dass er sich die 1.000 Meter noch nicht zutraue. Über die kürzeren Freistilstrecken indes gibt der Mann mit dem breiten Kreuz ordentlich Gas. Die 200 Meter bewältigt er in 2:04 Minuten – bei 2,7 Grad Wassertemperatur.

Impressionen von den German Open

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Eisschwimmen ist eine noch junge Sportart, doch der Präsident der International Ice Swimming Association (IISA), der Südafrikaner Ram Barkai, verspricht am Rande der Meisterschaften im Bayerischen mit einem Augenzwinkern, dass Eisschwimmen „ganz sicher“ eines Tages olympisch wird. Die Frage sei nur: wann? „Hoffentlich, bevor ich am Krückstock gehen muss.“ Und der deutsche Mister Eisschwimmen, Christof „Wandi“ Wandratsch, sagt bei der Eröffnung, dass aus seiner Sicht die langsamen Schwimmer „die wahren Helden“ seien, denn diese Damen und Herren seien schließlich viel, viel länger im eiskalten Wasser als die Topschwimmer.

Fast 30 Minuten im eiskalten Wasser

Einer dieser langsamen Krauler – manche sagen Genussschwimmer – ist Mark Koitka. Er verbessert seine Zeit über 1.000 Meter von 27:53 auf 25:06 Minuten. Und der Mann aus Coesfeld bei Münster ist mit dieser Steigerung mindestens so zufrieden wie der Slowene Turk mit seinen Leistungen, die er Anfang Februar bei der WM in seiner Heimat nochmal toppen will. Bei der WM in Bled, sagt er nach dem Rennen über 500 Meter – er sitzt längst in einem Zuber mit heißem Wasser – werde er es wagen, auch die 1.000 Meter zu schwimmen. Keine Frage: Dieser Mann peilt den Weltrekord von 11:55 Minuten an, der noch von dem jungen Holländer Sven Efferich gehalten wird. Efferich ist diesmal nicht in Veitsbronn am Start.

Beim Eisschwimmen tauchen Jahr für Jahr neue Athleten auf. Manche nur für eine Saison, mache für länger. Einer ist aber immer dabei – und auch mit seinen 53 Jahren immer noch ganz vorne: der Wandi, der einst im Veitsbad schwimmen gelernt hat, der das Eisschwimmen in Deutschland populär gemacht hat und früher in der Jugend ein kleiner Schisser war, wenn es darum ging im kalten Wasser zu trainieren – wobei kalt damals hieß: 22 Grad im Freibadbecken. Solche Geschichten von anno dazumal erzählt Wandratsch gern und mit seinem typischen Wandi-Grinsen im Gesicht. Und er sagt sinngemäß: Eisschwimmen kann jeder, der gesund ist. Man müsse sich nur überwinden.

WM im Februar

Und das tun die Sportler aus knapp zwei Dutzend Ländern bei den German Open, die auch in der IISA-World-Cup-Serie gewertet werden. Sie überwinden sich, einige starten fünf-, sechs- oder siebenmal. Mit dabei sind junge und alte Schwimmer, dicke und dünne, Wiederholungstäter wie Stefan Runge aus Hamburg, der immer auch die 1.000 Meter schwimmt, und Sandra Ell aus Veitsbronn. Die Novizin schwimmt erstmals 200 Meter und sagt: „Mein Puls war schon im Vorbereitungszelt gefühlt auf 200.“

Die Wiederholungstäter treffen sich in vier Wochen bei der WM in Slowenien wieder. Alisa Fatum zum Beispiel, Christof Wandratsch, Stefan Runge – aber auch Mark Koitka. Es gibt nur ganz wenige Sportarten, bei denen die Weltelite mit Hobbyathleten zusammen antritt. Auch deshalb, sagt der Wandi, mache ihm das Eisschwimmen so viel Spaß.

In den nächsten Wochen finden vielerorts Wettbewerbe im Eisschwimmen statt, zum Beispiel der Chiemsee Eiskönig am 25. Januar (www.chiemsee-schwimmen.de) und am 29. Februar die Zollhaus Open in einem See bei Hermsdorf in Sachsen (www.landhotel-altes-zollhaus.de).

Martin Tschepe
Martin Tschepehttp://www.bahn9.de/
Martin Tschepe ist freier Autor, Swimguide, Freiwasser- und Eisschwimmer des SV Ludwigsburg.

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