Der erste Besuch im Tokyo Acquatics Center. Im Bus (ja, wir lieben hier das Busfahren, was bleibt uns anderes übrig – nur in den der Firma „FKK“ habe ich mich noch nicht einzusteigen getraut) sitzt neben mir Catherine aus Washington, DC. Sie schreibt für die Tageszeitung „USA Today“ und hat gerade ihre Story über den ungeimpften Michael Andrews veröffentlicht. Sie versteht Andrews nicht. Das sagt sie nicht, sondern zeigt es: Cathrine macht viele Gesten, jetzt schüttelt sie den Kopf, als sie von Andrews erzählt.
Olympia ist nicht nur Sport und Kommerz, Olympia ist vor allem ein großer Schmelztiegel der Menschheit. Die meisten, die die ziemlich beschwerliche Reise nach Japan auf sich genommen haben, sind geimpft. Außer Andrews. Wir Journalisten sind alle in einer Blase mit verschiedenen Quarantäneauflagen. Wir dürfen uns nur dorthin bewegen, was wir in unserem Activity Plan beantragt haben und was vom „Government“, wohin hier immer schnell die Verantwortung abgeschoben wird, genehmigt wurde. Und hinkommen dürfen dort wir nur mit Bussen wie diesem oder Einzeltaxis. Selbst Fußwege sind verboten, an die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs gar nicht zu denken, wenn man noch keine 14 Tage im Lande ist. Und im Bus lernt man sich kennen. Wie oft wurde ich schon gefragt, woher ich komme und für wen ich berichte. So auch heute von Catherine.
Wir plaudern über die Schwimmer, auch die deutschen. Catherine fängt gerade Stimmen ein, wer denn welches Rennen gewinnen wird. Ich darf das Freiwasserrennen der Männer tippen, was mir leicht fällt. Ich denke einfach: Amerikaner sind Patrioten, Deutsche manchmal auch. Wellbrock soll es machen. Dann plaudert sie über die Vergangenheit. Als junge Journalistin war L. A. 1984 ihr erster Olymipiaeinsatz. Die nächste Geste: Sie breitet die Arme weit aus und fragt, ob „The Albatros“ noch etwas mit dem Schwimmen zu tun hat. „Almost“, antworte ich. Und dann nennt Catherine viele deutsche Namen, die sie noch von damals kennt. „And, of course, Kristin Otto“. Die nächste Geste, sie könnte vielsagend so etwas wie „Essen“ bedeuten …
Aber ihre Lieblingssportlerin von allen, sagt sie fast schon sentimental, ist Katharina Witt, mit der sie sehr gut befreundet ist. „Wenn morgen der dritte Weltkrieg ausbrechen würde – es wäre Katharina Witt, die ich dann gern an meiner Seite hätte.“ Nach diesem kleinen Moment Gänsehaut trennen sich unsere Wege erst einmal. Der Bus ist angekommen.