Big, bigger, USA: Um noch mehr Zuschauer zu den Olympia-Trials zu bekommen, wurde dieses Jahr das Footballstadion der Indianapolis Colts in eine Schwimmarena verwandelt. Die Show der US-Stars ist mal wieder gigantisch.
Es ist schon fast eine Tradition. Kurz vor Olympia veranstalten die US-Schwimmer bei den Trials ein gigantisches Spektakel, das es locker mit den Spielen selbst aufnehmen kann und das sie in manchen Bereichen sogar übertrifft. Das war bei den Olympiaausscheidungen 2008, 2012, 2016 und 2021 in Omaha, Nebraska, so, und so ist es in diesen Tagen in Indianapolis. Die Stadt im mittleren Westen ist zum siebten Mal seit 1920 Austragungsort der Trials und jeden Tag (15. bis 23. Juni) liefern die Wettkämpfe perfekt inszenierte Dramaturgie, TV-Bilder aus nächster Nähe und ein sportliches Niveau, das es so wohl nur noch in Australien gibt. Das alles paaren die Organisatoren mit dem gewohnten US-Patriotismus in Rot-Weiß-Blau und verpacken es in eine Show, wie sie eben nur die Amerikaner können. Jede Qualifikantin und jeder Qualifikant wird live im Fernsehen und auf Social Media abgefeiert, als hätte sie oder er bereits Olympiagold in den Händen. Das kann man übertrieben finden oder, wenn man an den Stream zur deutschen Olympiaqualifikation denkt, mit einem gewissen Neid zur Kenntnis nehmen.
Zum Spektakel passt, dass die Trials dieses Mal nicht im Schwimmstadion der Universität von Indiana stattfinden, sondern im umgebauten NFL-Stadion der Indianapolis Colts. Im Lucas Oil Stadium, das normalerweise bis zu 70.000 Zuschauer fasst, fand 2012 sogar der Super Bowl statt. Damals siegten die New York Giants mit 21:17 gegen die New England Patriots. Für die Trials wurde das Footballstadion vier Wochen lang umgebaut. Jetzt stehen in der Arena ein 50-Meter-Pool mit zehn Bahnen für die Wettkämpfe und ein 25-Meter-Becken zum Ein- und Ausschwimmen zur Verfügung. Knapp sieben Millionen Liter Wasser wurden dem White River entnommen, gesäubert und in den Pool geleitet und werden nach den Wettkämpfen zurück in den Fluss gepumpt.
Noch nie so viele Zuschauer
Die Kapazität liegt jetzt bei rund 20.000 Zuschauern. 20.000! Diese abstrakte Zahl muss man sich als Schwimmer einmal bildlich vorstellen. So viele Einwohner hat per Definition eine mittelgroße Stadt in Deutschland. 20.000 Menschen, die beim Startschuss mucksmäuschenstill auf der Tribüne sitzen, ehe sie ausrasten und für ohrenbetäubenden Lärm sorgen. Das Interesse am Schwimmsport in den USA ist eine ganz andere Nummer als hierzulande, und vielleicht liegt hierin sogar ein Zusammenhang mit dem Olympiaerfolg der US-Schwimmer: Wer es schafft, vor 20.000 Fans seine Leistung abzurufen, den werden 17.000 in der Pariser Arena La Défense wohl nicht umhauen.
Gleich in den ersten Tagen der Trials konnte sich der US-Verband denn auch über zwei Rekorde freuen. Nach US-Angaben waren die 20.689 Zuschauer am ersten Finalabend die größte Zuschauermenge ever bei einem Schwimm-Event in der Halle. Außerdem sollen mit 17.697 Zuschauern noch nie so viele Menschen bei einem Vorlaufabschnitt dabei gewesen sein. Der bisherige Zuschauerrekord lag den Angaben zufolge bei 16.000 und wurde aufgestellt bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro.
Weltrekord über 100 Meter Schmetterling
Sportlich läuft es ebenfalls rund. Stars wie Katie Ledecky (bisher 200 und 400 Meter Freistil), Lilly King (100 Meter Brust) und Bobby Finke (bisher 800 Meter Freistil) haben ihre Olympiatickets schon sicher (die Ergebnisse gibt es hier) und heute springt auch der siebenmalige Olympiasieger Caeleb Dressel in den Pool. Für das absolute Highlight sorgte aber bisher Gretchen Walsh mit ihrem Weltrekord über 100 Meter Schmetterling (55,18 Sekunden). Jubel, Tränen und einer gigantischen Party am Pool natürlich inklusive.