Freitag, 13. September 2024

Was steckt hinter USRPT?

Als der Physiologe Dr. Brent Rushall 2014 von einer neuen Trainingsmethode berichtete, war ihm Aufmerksamkeit gewiss. Denn hinter seiner Idee stecken trotz geringer Trainingsumfänge viel versprechende Leistungssteigerungen.

Das klingt verlockend für viele Sportler: Trainiere wenig aber dafür hart. Das ist kurz gefasst die Aussage von Rushall, einem ehemaligen Professor für Physiologie an der San Diego State University. Der Grundgedanke von USRPT ist, möglichst viele Wiederholungen auf einem möglichst hohen Temponiveau zu absolvieren, um das Tempo wie auch die Ermüdungsresistenz ganz punktuell und sehr nahe und spezifisch für die angestrebte Wettkampfstrecke zu entwickeln.

Megakurz und ultrahart

Dabei werden sehr kurze Strecken in hoher Wiederholungszahl absolviert. Typischerweise konzentriert sich das Training auf 25- und 50-Meter-Intervallserien, eher selten geht es über 75 oder 100 Meter. Der Anspruch ist es, jeweils das Wettkampftempo (dazu wird der Durchschnitt des Tempos bzw. der Teilstrecken ermittelt) zu erreichen und dadurch, bei kurzen Pausen von maximal 20 Sekunden, die spezifischen Fähigkeiten für die Wettkampfstrecke zu entwickeln.

Michael Andrew
Kevin Mackinnon / spomedis Michael Andrew

Der US-Schwimmer Michael Andrew trainiert erfolgreich nach der USRPT-Methode. Der 17-Jährige schwamm in der Jugend mehr Rekorde als Michael Phelps und wurde bereits mit 14 Jahren Profi. Ende 2016 wurde er Kurzbahn-Weltmeister über 100 Meter Lagen.

Beispiel:
Bestzeit über 100 Meter: 1:10 Minuten
Zielzeit für 50-Meter-Intervalle: 35 Sekunden
Zielzeit für 25-Meter-Intervalle: 17,5 Sekunden

Kann der Athlet das Tempo nicht mehr halten, so pausiert er kurz, um danach wieder mit dem anvisierten Tempo einzusteigen. Verfehlt der Schwimmer dreimal das im Vorfeld definierte Tempo, wird die Intervallserie für beendet erklärt und abgebrochen. Die Anzahl der Wiederholungen überschreitet in der Addition der Streckenlänge die Wettkampfstrecke um ein Vielfaches. So zählen 20 x 25 Meter mit 10-20 Sekunden Pause zu den Standard-Serien.

Revolutionäres Trainingskonzept?

Um sofort und ohne Vorermüdung in dieses anspruchsvolle Training zu gehen, werden die Aufwärmphasen möglichst kurz gehalten. Das reduziert den gesamten Umfang der Trainingseinheiten immens. Aus diesem Grunde wird dieses Trainingskonzept sehr kontrovers diskutiert. Viele Trainer sehen im USRPT eher eine ergänzende Trainingsform, als alleinige Methodik wird es weitestgehend abgelehnt.

Tatsächlich könnte dieser Ansatz als eine Bereicherung des bisherigen Trainings für interessante Trainingseinheiten sorgen. Schon allein deshalb, weil es die Routine bisheriger Trainingsansätze aufbricht. Der Fokus richtet sich dabei vor allem an die Fähigkeit, ein Rennen in der zweiten Hälfte durchzustehen, also der Ermüdung adäquat entgegen zu wirken. Dabei spielt es eine untergeordnete Rolle, ob es sich um einen 100- oder 400-Meter-Schwimmer handelt. Es ist sogar zu vermuten, dass Mittel- und Langstreckler vergleichbare Serien als Wettkampfsimulation oder Racepace-Tests in regelmäßiger Abfolge in das Training integrieren könnten.

Weniger zu erwarten ist eine Verbesserung der Grundschnelligkeit, weil für ein gezieltes Schnelligkeitstraining die Pausen deutlich verlängert werden müssten. Besonders jedoch für kurze Trainingseinheiten, die auch mal unter Zeitdruck durchgeführt werden, kann USRPT eine gelungene Alternative sein, um in kurzer Zeit sehr gezielt trainieren zu können. Probieren Sie es einfach mal aus.

Eine typische USRPT-Trainingseinheit könnte so aussehen

USRPT – Beispieltraining

400 mEinschwimmen
12 x 50 mKraul im 200-m-Wettkampftempo, Pause: 20 s
400 mlocker
16 x 25 mHauptschwimmart im 100-m-Wettkampftempo, Pause: 10 s
400 mAusschwimmen

Holger Lüning (50) ist Sportwissenschaftler und Schwimmtrainer mit über 25 Jahren Erfahrung im Hochleistungssport. Er schwamm er in der Bundesligamannschaft des EOSC Offenbach und gewann im Masterbereich zahlreiche Meistertitel.

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Holger Lüning
Holger Lüninghttps://holgerluening.de/
Holger Lüning ist Sportwissenschaftler und Schwimmtrainer mit rund 30 Jahren Erfahrung im Hochleistungssport. Er schwamm er in der Bundesligamannschaft des EOSC Offenbach und gewann im Masterbereich zahlreiche Meistertitel.