Freitag, 7. Februar 2025

Martins Tagebuch von der Eis-WM #6 | Der King und die Queen kommen aus Deutschland

Ein letztes Mal geht es für die Eisschwimmerinnen und Eisschwimmer bei der WM ins eisige Wasser. Und wieder strahlen sie mit der Sonne um die Wette. Nach sechs Wettkampftagen zieht unser SWIM-Autor Martin ein positives Fazit.

Die Attraktion in Molveno ist und bleibt das Eis, das kurz vor dem Beginn der WM aus dem Wettkampfbecken gehauen worden ist. Ein Mann macht ein Foto von dem Haufen dicker Eisplatten und sagt nur ein Wort: „verrückt“. Der letzte WM Tag. Zunächst stehen 100 Meter Schmetterling auf dem Programm. Aus den Lautsprecherboxen schellt der Queen-Song „Don’t stop me now!“ Passt: Elke Ortloff, AK70, startet auch über diese herausfordernde Stecke.

8:30 Uhr, noch liegt das Freibad im Schatten, die Sonne steht hinter den hohen Bergen. Draußen ist es empfindlich kalt und im Becken noch kälter, das Wasser dürfte kaum mehr als einen Grad haben. Und Elke macht sich bereit. „Take off your clothes! Go into the Water!“ Und los geht’s. Die fitte Seniorin ist mit einer Zeit von rund drei Minuten gemeldet, und sie schlägt nach 2:42 Minuten an. Wieder Gold für Elke Ortloff. Dann geht’s Zack auf Zack. Lauter kurze Stecken am Vormittag. Franziska Partheymüller gewinnt über 100 Meter Brust ihre AK in 1:30,8 Minuten.

50 Meter in 25 Sekunden

Ich bin am Mittag dran: 50 Meter Freistil. Nachdem ich die 1.000 Meter gestern ganz ordentlich geschwommen bin, ist alles, was noch kommen könnte, easy. Meine 32 Sekunden reichen in der AK für Platz vier. Mein einziges Rennen ohne Medaille. Sabine Steinke schwimmt in 33,33 Sekunden einen AK60-Weltrekord. Bei den Männern zaubert Keaton Jones die schnellsten 50 Meter ins Wasser: 25,37 Sekunden. Die schnellsten neun Männer liefern alle Zeiten unter 27 Sekunden.

Kurze Pause, dann die letzen Finals dieser Meisterschaften und die prestigeträchtigste 4×250-Meter-Freistilstaffel. Viele Schwimmer vom Team Deutschland stehen am Beckenrand und sind voll dabei, feuern die Starterinnen und Starter an. 100 Meter Schmetterling: Alisa Fatum-Böker holt Silber. Männer: Kilian Franke, Platz vier. 100 Meter Brust: Franziska Gockeln, Silber und Franziska Partheymüller, Platz sechs. 100 Meter Brust Männer ohne deutsche Starter, Heimsieg für den Italiener Egor Tropeano. 50 Meter Freistil: Marietherese Bartl, Silber. Der US-Amerikaner und Weltrekordhalter Keaton Jones holt sein nächstes Gold. 24,67 Sekunden, das bedeutet einen neuen Weltrekord.

Spannende Staffel

Zum Abschluss der WM das große Finale, die Staffel: Deutschland im Lauf Nummer zwei, dem schnellsten. Als Erster schwimmt Andreas Waschburger, bringt das Team deutlich nach vorn, Marietherese Bartl übernimmt, Dänemark geht vorbei, Deutschland auf Platz zwei. Dann ist die Weltrekordhalterin Alisa Fatum-Böker für Deutschland im Wasser, sie bringt das Team wieder nach vorn, weit nach vorn. Jetzt Christof Wandratsch. Er muss gegen den US-Amerikaner Keaton Jones, Jahrgang 2004, ran – und hat keine Chance. Jones hält mehrere Overall-Weltrekorde und ist derzeit der schnellste Mensch im Eis. Christof Wandratsch holt für Deutschland aber Silber. Ein Top-Abschluss für die Mannschaft.

Was bleibt nach dieser grandiosen Woche in Molveno? Tolle Wettkämpfe und viele Rekorde. Und mir persönlich vier Medaillen: unter anderem ein WM-Titel über 100 Meter Rücken und Silber über den legendären Eis-Kilometer. Wer hätte das gedacht? Damals. Vor gut zehn Jahren hatte der Schwimm-Veranstalter Oliver Halder mich eingeladen: Komm‘ zu den ersten German Open im Eisschwimmen. Eis-was? Habe ich ihn gefragt. Schwimmen nur mit Badehose bei weniger als fünf Grad, war seine Antwort. Meine spontane Reaktion: ganz bestimmt nicht. Es kam anders.

Fazit: Eine Super-WM

Bei dieser WM holt Deutschland also die wichtigsten Einzelmedaillen über die langen Strecken, die 500 und die 1.000 Meter. Andreas Waschburger wird „King of the Ice“, Alisa Fatum-Böker „Queen of the Ice“ und zudem in die International Ice Swimming Hall of Fame aufgenommen. Die deutschen Para-Schwimmer räumen ab. Das Team von Kapitän Stefan Runge gewinnt insgesamt 107 Medaillen. In welcher Sportart gibt es das sonst noch? Vermutlich in kaum einer.

Der Ärger zu Beginn der Wettkämpfe wegen der fehlenden Sauna war bald verflogen. Die Stimmung am Beckenrand war top, das Wetter grandios, wie bestellt: durchgehend Sonne und nachts eiskalt. Wie geht’s weiter? Olympia ist und bleibt das große Ziel, das erklären in Molveno mehrere Vertreter der IISA. In Deutschland, heißt es, sei ein Treffen mit dem DSV vereinbart. Anfang Februar will man sich zusammensetzen. Mit dieser WM in Italien ist der Eisschwimmverband sicherlich einen kleinen Schritt weiter gekommen auf dem Weg zu Olympischen Winterspielen.

Nützliche Links
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Martin Tschepe
Martin Tschepehttp://www.bahn9.de/
Martin Tschepe ist freier Autor, Swimguide, Freiwasser- und Eisschwimmer des SV Ludwigsburg.

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