Die Weltmeisterschaften über die Ironman-Distanz endeten am vergangenen Wochenende, nach Normann Stadlers Erfolg 2006, endlich wieder mit dem Sieg eines deutschen Athleten. Sebastian Kienle war nach 8:14:18 Stunden der Erste, der nach 226 Kilometern die Ziellinie am Pier von Kailua-Kona passierte. Triathlon ist zwar ein Dreikampf aus Schwimmen, Radfahren und Laufen, dennoch interessiert uns: wie schnell schwimmen die besten Triathleten der Welt eigentlich?
3,86 Kilometer beträgt die Länge der Schwimmstrecke im Pazifischen Ozean, die traditionell den Auftakt für einen langen Tag bildet. „First out of Water“ war dieses Jahr mit einer Zeit von fast 51 Minuten Andy Potts, seines Zeichens immerhin Vierter über 400 Meter Lagen bei den US-Trails zu den Olympischen Spielen von Atlanta 1996.
50:56 Minuten für 3,86 Kilometer
Schwimmexperten rechnen die Zeit im Kopf um und stellen fest: Der 100-Meter-Schnitt von 1:19 Minuten entspricht einem 1.500-Meter-Wettkampf von 19 Minuten und 45 Sekunden, auf den ersten Blick nicht gerade eine herausragende Leistung. Doch schaut man sich die Charakteristik dieses speziellen Rennens genauer an, versteht man, weshalb Triathleten vielleicht gar nicht schneller schwimmen wollen.
Auf Hawaii herrschen besondere Bedingungen. In diesem Jahr war nicht nur der Wellengang ein wenig höher als sonst, sondern auch die Strömung hatte mal wieder ihre eigenen Gesetze. Und die heißen nicht immer: „kommt Wellen, lasst uns die Schwimmer an das Ufer schieben.“ So auch dieses Jahr nicht, als der Rückweg gegen die Strömung beschwerlicher war, als das ohnehin schon mühsame Schwimmen in das offene Meer auf dem Hinweg. Zudem dürfte die schwierige Orientierung zu einigen zusätzlichen Schwimmmetern geführt haben.
Mit angezogener Handbremse durchs Wasser
Vielmehr noch aber hat die enorme Länge des Rennens ihre Auswirkungen auf die Taktik der Teilnehmer. Ganz gleich ob Weltklasseathleten wie Olympiasieger Jan Frodeno oder ambitionierter Hobbytriathlet – sie alle wissen, dass sich das Rennen nicht im Wasser, sondern in den folgenden 7 bis 15 Stunden entscheidet. Deshalb ist es nur verständlich, im Wasser ein wenig mit angezogener Handbremse zu schwimmen. Besonders im Spitzenbereich ist die Leistungsfähigkeit nämlich durchaus vorhanden, um ein flotteres Schwimmtempo vorzulegen.
So hört man aus Insiderkreisen, dass der Weltmeister auf der Olympischen Distanz, Javier Gomez aus Spanien, mit Kurzbahn-Bestzeiten von 1:54 Minuten über 200 Meter, 3:56 Minuten über 400 und 15:42 Minuten über 1.500 Meter ein mehr als ordentliches Schwimmniveau aufweist. Olympiasieger Alistair Brownlee wurde mal im Trainingslager gesichtet, als er 10 x 100 Meter mit Abgang alle 1:30 Minute auf der kurzen Bahn in einem 1:03-er-Schnitt herunterbügelte. Anders als beim Ironman spielt das Schwimmen auf den kurzen Triathlondistanzen oft eine mitentscheidende Rolle, da die erste Disziplin darüber entscheidet, wer in der Spitzengruppe auf dem Rad mitfährt.
Mit 1:25-er-Schnitt zum WM-Sieg
Bei längeren Triathlondistanzen hingegen, bei denen das Windschattenfahren untersagt ist, spielt vielmehr das ausgewogene Gesamtpaket eine Rolle, als die Fähigkeit, beim Schwimmen taktische Manöver gestalten oder mitgehen zu können. Und so passiert es, dass der neue Weltmeister Sebastian Kienle mit einem fast vierminütigen Rückstand auf das Rad springt und sich erst dort den entscheidenden Vorsprung für seinen Sieg holt. Bei den Frauen wechselte die spätere Siegerin Mirinda Carfrae sogar erst sechs Minuten nach der schnellsten Schwimmerin aufs Rad.
Der Gesamtkontext eines langen Rennens, in diesem Fall dem längsten Ein-Tages-Wettbewerb der Welt, bestimmt folgerichtig die Auftaktdisziplin. Und so kann man auch mit einem 100-Meter-Schnitt von 1:25 Minute im Wasser am Ende der Schnellste sein. Herzlichen Glückwunsch Sebastian Kienle!