Montag, 2. Dezember 2024

Goldener Sonntag in Paris | „Ich dachte, mein Leben sei vorbei, und jetzt bin ich Paralympics-Siegerin“

Das ging schnell: Nur zehn Minuten benötigten die deutschen Para-Schwimmer Tanja Scholz und Josia Topf um gleich zwei Goldmedaillen bei den Paralympics in Paris einzufahren.

Mathias Schulz / DBS Josia Topf hat in Paris die Goldmedaille gewonnen.

Drei lange Tage blieb das „Team D“ bei den Paralympics in Paris ohne einen einzigen Sieg – bis die deutschen Schwimmer am Sonntag in der La Défense Arena endlich für Erlösung sorgten. Und das gleich doppelt. Über 150 Meter Lagen schwamm sowohl Tanja Scholz in der Startklasse SM4 als auch Josia Topf in der SM3 zur Goldmedaille – eine Parallele zu den Olympischen Spielen, bei denen mit Lukas Märtens ebenfalls ein Schwimmer für das erste deutsche Gold gesorgt hatte. Wegen körperlicher Einschränkungen der Sportlerinnen und Sportler besteht die Lagendistanz in den Startklassen SM3 und SM4 nur aus drei Schwimmarten: Rücken, Brust und Freistil.

„Ich dachte, mein Leben sei vorbei“

Den ersten Gold-Jubel im deutschen Lager machte Tanja Scholz mit einer überragenden Aufholjagd in der SM4 perfekt. Die 40-Jährige aus Neumünster wendete nach der Rücken-Bahn noch als Vierte und arbeitete sich dann Stück für Stück vor. Bei der 100-Meter-Wende lag Scholz bereits knapp hinter den Führenden auf Rang drei. Im Finish setzte sich die starke Kraulschwimmerin dann gegen Natalia Butkova durch, die Silber gewann. Bronze holte Lidia Viera da Cruz, die die zweite deutsche Finalistin, Gina Böttcher, um gerade einmal 0,18 Sekunden auf Platz vier verwies. „Es hat alles gepasst“, sagte Scholz nach ihrem paralympischen Rekord (2:51,31 Minuten). „Rücken ist immer beschissen, aber dann kam die Wende und Brust ging erstaunlich gut. Ich hatte Kraft und konnte gegenhalten. Ich habe die neben mir gesehen und wollte zeigen, was ich kann – und es hat gereicht.“

Mathias Schulz / DBS Paralympics-Siegerin Tanja Scholz.

„Vor vier Jahren war ich in der Klinik und dachte, mein Leben wäre vorbei. Jetzt sitze ich hier und habe Gold gewonnen, da kommen mir die Tränen“, sagte die Paralympics-Siegerin. Dass ausgerechnet ihre Goldmedaille die erste für das Team Deutschland in Paris ist, war der Schwimmerin nicht so wichtig. „Das ist relativ egal, ich freue mich vor allem für meinen Trainer, dass alles gepasst hat. Er war immer bei mir und hat mich nie im Stich gelassen. Ich hatte ein schweres Jahr und er hat immer gesagt, nimm dir die Zeit, werd gesund und dann kommst du wieder. Das macht mich richtig stolz.“

„Vollgas bis zum Herzinfarkt“

Josia Topf setzte sich in einem äußerst spannenden Hin-und-Her durch. Der 21-Jährige aus Erlangen erarbeitete sich auf der ersten Bahn einen großen Vorsprung, den er auf der Bruststrecke jedoch komplett einbüßte. Auf der Schlussbahn machte Topf mit seinen starken Kicks dann wieder mächtig Boden gut und zog im Zielsprint noch am führenden Australier Ahmed Kelly vorbei. „Die ersten 50 Meter waren sehr schnell, ich bin gut in den Rhythmus gekommen“, analysierte der Paralympics-Sieger sein Goldrennen. „Bei der Wende zu Freistil habe ich gesehen, dass die näher sind als gedacht. Dann musste ich konzentriert bleiben, auf die Technik achten und gut durchgehen. Das habe ich gut hinbekommen. Die letzten 50 Meter bin ich Vollgas gegangen, bis zum Herzinfarkt hab‘ ich Gas gegeben. Die letzten 25 Meter war ich damit beschäftigt, Kelly irgendwie einzuholen.“

Ralf Kuckuck Josia Topf auf dem Weg zuseinem größten sportlichen Erfolg.

In 3:00,16 Minuten schwamm Topf persönliche Bestzeit. Im Ziel ließ er die letzten Jahre Revue passieren.“Da ist sehr viel Schlechtes und Hartes passiert, wo ich nicht wusste, wie ich damit umzugehen habe. Aber ich habe mich jedes Mal zurückgekämpft. Sei es mit der Erkrankung letztes Jahr, 2022 ist überraschend mein Opa gestorben, was mir auch sehr weh getan hat. Ein Jahr später ist mein Hund gestorben, also sehr viele Todesfälle in den letzten Jahren. Da rauszukommen und fokussiert zu bleiben für den Sport, war sehr, sehr viel. Es waren sehr harte Jahre für mich und meine Familie. Jetzt so rauszukommen und diesen Erfolg zu feiern, bedeutet mir sehr, sehr viel. Es ist jetzt nicht so, dass das die letzten drei Jahre gutmacht oder die Belohnung dafür ist. Aber es ist schon einfach großartig.“

Bereits am Samstag hatte Mira Jeanne Maack in der S8 Bronze über 100 Meter Rücken gewonnen und damit die zweite Medaille nach Maurice Wetekam (Bronze über 100 Meter Brust) für die deutschen Schwimmer geholt. Danach war die Berlinerin im Deutschen Haus gefeiert worden. „Es war so, so cool! Es war wie so eine zweite Siegerehrung“, schwärmte die 16-Jährige. „Schon bevor ich im Fahrstuhl hochgefahren bin, konnte ich alle meinen Namen rufen und brüllen hören.“ Am Sonntag lief es für Maack über 200 Meter Lagen nicht ganz so gut. In 3:05,39 Minuten landete sie auf Rang 13. „Ich bin nicht zufrieden, das muss man sagen. Ich war fünf Sekunden über meiner Zeit. Ich habe mich hauptsächlich auf die 100 Meter Rücken vorbereitet, aber trotzdem hätte ich jetzt eine bessere Leistung erwartet.“

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Peter Jacob
Peter Jacob
Mit sechs hieß es für den kleinen Peter schwimmen lernen - falls er mal ins Wasser fällt. Inzwischen ist er groß und schwimmt immer noch jede Woche. Mal mehr, mal weniger, meistens drinnen und manchmal draußen. Und immer mit viel Spaß und Leidenschaft.

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