Samstag, 5. Oktober 2024

„Flieg, Albatros, flieg!“ | Michael Groß wird 60

Mehr als die Hälfte seines Lebens ist Michael Groß bereits Ex-Schwimmer und dennoch dürfte er auch mit 60 Jahren noch zu den bekanntesten „Schwimmern“ des Landes gehören. Das liegt auch, aber nicht nur an seinen sportlichen Erfolgen.

Sieglind Schächtele, SSV Freiburg Michael Groß gratuliert den Siegern eines Nachwuchswettkampfs (Archivbild).

Über die Jahrzehnte hat Deutschland viele erfolgreiche Sportler hervorgebracht – Europameister, Weltmeister, Olympiasieger, Sportler des Jahres. Doch wie schafft man es, sich im kollektiven Sportgedächtnis eines Landes so fest zu verankern wie Michael Groß? Vermutlich, in dem man mehr ist als ein Athlet. Und das war und ist der am 17. Juni 1964 geborene Michael Groß schon immer gewesen. Sowohl während seiner Schwimmkarriere, die 1981 mit den ersten deutschen Meistertiteln über 200 Meter Freistil und 100 Meter Schmetterling Fahrt aufnahm und die in drei Olympiasiegen 1984 und 1988 gipfelte, und danach. Zusammen mit seinem Trainer Hartmut Oeleker ging der gebürtige Frankfurter beim EOSC Offenbach neue Wege in der Trainingsgestaltung. Zwar trainierte er im Wasser ähnlich knüppelhart wie die anderen Spitzenschwimmer der 1980er-Jahre. Doch verbrachte er dabei insgesamt weniger Zeit im Schwimmbecken und setzte stattdessen auf Krafttraining und Rennradfahren für die Ausdauer. Durch seine Erfolge und sein reflektiertes Auftreten wurde Groß innerhalb des deutschen Teams schnell zu einer Führungs- und Leitfigur.

Unternehmer statt Trainer

In seinen smarten Interviews machte der Ausnahmesportler schon in jungen Jahren deutlich, dass für ihn neben dem Schwimmsport noch andere Dinge im Leben gibt. Und so war es nur konsequent, dass er nach der aktiven Karriere weder Schwimmtrainer noch hauptberuflicher Sportfunktionär wurde, sondern Germanistik, politische Wissenschaften sowie Medienwissenschaften studierte und 1994 sogar promovierte. Seitdem hat Groß mehrere Bücher zum Thema Selbstcoaching und Karriereplanung verfasst. Zuletzt war der Unternehmensberater Mitautor an einem Werk mit dem Titel „KI-Revolution der Arbeitswelt“. Groß war mehrere Jahre lang Lehrbeauftragter an der Frankfurt School of Finance and Management und ist seit letztem Jahr Honorarprofessor an der Universität in Frankfurt am Main.

Im Sport war Groß unter anderem für die Berliner Olympiabewerbung im Jahr 2000 als Berater tätig. Außerdem war er mehrere Jahre bei der Sporthilfe und beim Nationalen Olympischen Komitee. Obwohl immer wieder für verschiedene Aufgaben im Schwimmsport im Gespräch, wurde es mit einem DSV-Posten bisher nichts. Zuletzt wurde Groß vor drei Jahren als DSV-Leistungssportdirektor gehandelt, nachdem ihn die damalige Aktivensprecherin Sarah Köhler (heute Wellbrock) sowie Bernd Berkhan als Interimslösung nach der Entlassung von Thomas Kurschilgen vorgeschlagen. Das Präsidium um Marco Troll entschied sich jedoch anders. Auf die Frage, ob er sich heute ein Engagement im Schwimmsport vorstellen könnte, sagte Groß der Deutschen Presseagentur: „Das ist komplett abgehakt. Digitale Transformation, KI und arbeiten: Das ist mein Schwerpunkt.“

Gold und Weltrekord

Im Gedächtnis bleibt auch 40 Jahre später das legendäre „Flieg, Albatros, flieg!“ von Jörg Wontorra, mit dem der Reporter den damals 20-jährigen Groß 1984 zum Olympiasieg über 100 Meter Schmetterling schrie. Der zwei Meter große Schwimmer mit den langen Armen hatte an der 50-Meter-Wende noch knapp hinter dem favorisierten US-Amerikaner Pablo Morales gelegen. Doch auf der zweiten Bahn zog Groß vorbei und gewann in neuer Weltrekordzeit von 53,08 Sekunden. Es war sein zweites Gold in Los Angeles nach dem Triumph über 200 Meter Freistil, die er ebenfalls mit Weltrekord (1:47,44 Minuten) gewonnen hatte. In Seoul folgte vier Jahre später Groß‘ drittes Olympiagold über 200 Meter Schmetterling. Er gewann außerdem zweimal Silber und einmal Bronze bei Olympia, wurde fünfmal Welt- und 13-mal Europameister. Viermal, genauso oft wie Boris Becker, wurde Michael Groß zum Sportler des Jahres (1982, 1983, 1984, 1988) gewählt. 1991 beendete die Sportlegende nach der WM in Perth seine einmalige Schwimmkarriere, an die man sich noch lange erinnern wird.

Video: 200 Meter Freistil 1984 in Los Angeles

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Video: 100 Meter Schmetterling 1984 in Los Angeles

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Video: 200 Meter Schmetterlin 1988 in Seoul

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Peter Jacob
Peter Jacob
Mit sechs hieß es für den kleinen Peter schwimmen lernen - falls er mal ins Wasser fällt. Inzwischen ist er groß und schwimmt immer noch jede Woche. Mal mehr, mal weniger, meistens drinnen und manchmal draußen. Und immer mit viel Spaß und Leidenschaft.

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