Dienstag, 26. November 2024

Mehr Qualität ins Training: Auf den Inhalt kommt es an

Die Lage kann verzwickt sein. Zwischen Beruf oder Studium und familiären wie sozialen Verpflichtungen ein solides Training zu platzieren, ist nicht selten mit Frust oder Aktionismus verbunden. Frust entsteht dann, wenn man glaubt, nicht genug trainieren zu können, um die angestrebten Ziele realisieren zu können. Und in den Freiräumen legt man dann nicht selten einen unstrukturierten Aktionismus an den Tag, um möglichst viel Trainingszeit aufzuholen.

Natürlich sind beide Zustände nicht zufriedenstellend, weil sie immer unter Druck entstehen. Zeitdruck und Trainingsqualität sind folgerichtig schwer miteinander vereinbar. Es sei denn, Sie haben das passende  System gefunden, das Ihnen tatsächlich hilft, innerhalb kurzer Zeit ein Maximum an Ertrag – in Form von Trainingsqualität – zu erzielen: Ihr individuelles Zeit-Trainings-Management!

Ein Stundenplan kann helfen

Erinnern Sie sich an die Stundenplan aus Ihrer Schulzeit? Fertigen Sie sich einen solchen Plan an und beginnen Sie, einen typischen Wochenablauf zu skizzieren, um feste freie Zeiten für Ihr Training zu identifizieren. Erschreckt stellen Sie jetzt vielleicht fest, dass das gewünschte Training gar nicht mehr umsetzbar ist. Seien Sie nicht verzweifelt, denn nun eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten für Sie. Der große Nutzen Ihrer Überlegungen besteht nämlich in der Fragestellung: Wie viel Zeit habe ich zur Verfügung und welches sind die besten Trainingsinhalte für dieses Budget? Damit sind Sie einen großen Schritt vorangekommen und Ihr Trainingsregime erlebt eine völlig neue Qualitätsdimension.

Wählen Sie nur das Beste! Verabschieden Sie sich von unüberlegten Trainingsmethoden oder lieb gewonnenen Trainingseinheiten, die eigentlich nur Ihr Trainingstagebuch füllen, um Ihr Gewissen beruhigen. Schluss mit sogenannten Junk-Miles, die – der Vergleich zum Junk-Food liegt nahe – nur dazu dienen, kurzfristig und gedankenlos eine Befriedigung herzustellen. Eine Nachhaltigkeit dürfen Sie in diesem Fall nicht erwarten.

Werden Sie zum „Trainings-Feinschmecker“ und verwöhnen Sie sich mit den besten Trainingsmitteln. Fragen Sie sich deshalb vor jeder Trainingseinheit, was Sie erreichen wollen! Je klarer die Zielrichtung ist, desto einfacher fällt die Auswahl der Trainingsmethode. Bildlich gesprochen, sollte das Trainingsziel so klar und spitz formuliert sein wie ein Pfeil. Nur dann kann es seine volle Wirkung entfalten. Ein „stumpfes“, ungenügend klar definiertes Trainingsziel endet nicht selten in einem Methoden-Mix ohne eindeutige Wirkungsrichtung.

Auch kurze Einheiten machen Sinn

Auf dieser Grundlage lassen Sie das effektivste Trainingsmittel in die zur Verfügung stehende Zeiteinheit fließen. Damit haben Sie die Gewissheit, selbst bei knappem Zeitbudget, das Beste aus jedem Training zu machen. Und selbst wenn Sie der Meinung sind, nicht die Umfänge absolvieren zu können, die eigentlich notwendig wären. Neueste Forschungen haben ergeben, dass Sie auch in kurzer Zeit bemerkenswerte physiologische Anpassungen in Gang setzen können.

So zitiert das International Journal Sports Medicine eine Untersuchung an Radsportlern, die zusätzlich zu ihrem Radtraining zwei Mal pro Woche ein hochintensives Intervalltraining von 4 bis 10 x 30 Sekunden absolvierten. Nach vier Wochen kam es zu einer Zunahme der Maximalkraft um sechs Prozent sowie einer signifikanten Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme. Und auch die medizinische Hochschule Hannover kommt in einer vergleichenden Untersuchung zwischen Dauer- und Intervalltraining zur berechtigten Vermutung, dass ein kürzeres Intervalltraining mindestens dieselben Anpassungen hervorrufen kann wie ein längeres, gleichmäßiges Dauertraining. Wechseln Sie also bewusst die Intensitäten und Tempi während Ihrer kurzen Trainingseinheiten. Dabei liegen die kurzen, intensiven Tempo- und Beanspruchungsbereiche mindestens auf dem Niveau Ihrer Leistung auf der kompletten Wettkampfdistanz.

Frank Wechsel / spomedis Qualität statt Quantität: Gerade wenn die Zeit knapp ist, sollten Sie sich die Frage stellen, was Sie wirklich weiter bringt.

Verlassen Sie den Komfortbereich

Erhalten Sie deshalb die wettkampfspezifischen Fähigkeiten, die Sie sich über den Sommer mühsam angeeignet haben, auch über den Winter und Sie werden im Frühjahr auf einem anderen Level beginnen können. Sollten Sie im Schwimmen nicht über zwei bis drei Trainingseinheiten pro Woche hinauskommen, sollten Schnelligkeitsanteile oder intensive Intervallserien jede Woche absolviert werden.

Ein gutes Zeit-Trainings-Management steht und fällt also mit der Qualität. Fragen Sie sich genau, wo Ihre Zielsetzung für die kommende Saison liegt und welchen Zeitrahmen Sie zur Verfügung haben. Auch wenn Sie eigentlich nie so viel trainieren können, wie Sie eigentlich wollten, finden Sie in diesem Ansatz viele positive Aspekte. Sie werden gezielter und überlegter trainieren, klare Freiräume schaffen und Ihre Work-Life-Balance besser in den Griff bekommen.

Verstehen Sie das qualitative Training nicht einfach nur als alternativen Ansatz. Die Auffrischung Ihres Trainings mit intensiveren Anteilen, die sie regelmäßig aus dem Komfortbereich holen, wird Sie nämlich mit Sicherheit zu einem besseren Athleten werden lassen.

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Holger Lüning
Holger Lüninghttps://holgerluening.de/
Holger Lüning ist Sportwissenschaftler und Schwimmtrainer mit rund 30 Jahren Erfahrung im Hochleistungssport. Er schwamm er in der Bundesligamannschaft des EOSC Offenbach und gewann im Masterbereich zahlreiche Meistertitel.

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