Es klingt abwegig, aber manchmal wird Badegästen tatsächlich verboten, anderen beim Schwimmenlernen zu helfen. Der sonderbare Grund: Das dürften nur Vereine und private Schwimmtrainer.

Im Februar sorgte eine Schwimm-Kolumne in Österreich für reichlich Wirbel. Im Wiener „Standard“ beschrieb ein Autor, wie er in einem Schwimmbad Ärger bekam, als er zwei Freunden Schwimm-Tipps gab. Sogar mit Rauswurf wurde ihm gedroht. Zur Begründung hieß es, dass nur Vereine Schwimmunterricht erteilen dürften und diese dafür extra bezahlten. Privatleuten sei dies nicht gestattet. Den Bademeister nimmt der Autor in seinem Text ausdrücklich in Schutz. Der habe sich entschuldigt, er fände die Regelung „idiotisch“. Jedoch müsse er sich an die Badordnung des privaten Schwimmbads halten. Bis heute hat die Kolumne mit dem Titel „Wenn Schwimmenlernen verboten ist“ 752 Kommentare. Viele User wollen nicht glauben, dass man seinen Freunden beim Schwimmen offenbar nicht helfen darf. Andere berichten von ähnlichen Erlebnissen.
Geld gab es für den Freundschaftsdienst nicht
Was war passiert? In seiner Kolumne „Rotte rennt“ berichtet Thomas Rottenberg regelmäßig über seine sportlichen Erlebnisse. Wie der Blogger schreibt, habe er vor Jahren für einen Triathlon das Schwimmen geübt und wenn ihn heute jemand frage, helfe er gern mit zwei, drei Tipps weiter und rate dann zum Besuch einer Schwimmschule oder eines Schwimmkurses. Im konkreten Fall habe er zwei engen Freunden gezeigt, was der Unterschied zwischen „gerade mal nicht ertrinken“ und „schwimmen“ ist.
Geld habe er für diesen Freundschaftsdienst nicht bekommen, schreibt Rottenberg, und gestört hätten sie in dem nahezu menschenleeren Becken niemand. Trotzdem wurde ihm vom Badpersonal gesagt, dass dies nicht erlaubt sei, unter anderem mit der Begründung, man könne sehen, dass er wisse, was er tue. Sein Fazit: „Ich habe mir nichts Böses gedacht: Dass derlei verboten ist, weiß ich jetzt. Wieso, kann ich aber nicht nachvollziehen.“

„Wir hätten in dem Fall nicht eingegriffen“
Kann es tatsächlich verboten werden, seinen Freunden, Bekannten oder gar seinen eigenen Kindern beim Schwimmenlernen zu helfen? Das klingt doch absurd. Wir haben bei Michael Dietel vom Hamburger Badbetreiber Bäderland nachgefragt. Er sagt: „Wir hätten in so einem Fall nicht eingegriffen. Wir begrüßen es, wenn Eltern oder Großeltern mit ihren Kindern Schwimmen üben. Da gibt es viel Nachholbedarf. Es ist auch völlig in Ordnung, einem Freund beim Schwimmen zu helfen und Tipps zu geben. Was nicht geht, sind kommerzielle Angebote. Dafür müssen Wasserflächen angemietet werden.“
Eine solche Regelung klingt nachvollziehbar, schließlich nutzt ein privater Schwimmtrainer von der Gesellschaft finanzierte Infrastruktur für sein Business. Da ist es logisch, dass der normale Eintritt an der Kasse nicht ausreicht. Doch wie unterscheidet man eine professionelle Schwimmtrainerin von einer vielleicht schwimmaffinen Mutter, die mit ihren Kindern Kraul übt? Dafür gäbe es keine genauen Kriterien, sagt Dietel, nur Anhaltspunkte. „Wenn wir sehen, da kommt einer jede Woche mit drei Personen und nach einer Stunde kommen die nächsten, oder es wird gefilmt und andere Badegäste werden zur Seite gedrängt, dann gehen wir dazwischen.“ Etwas konkreter steht es in der Badordnung der Stadtwerke München (SWM):
„Jede Form der gewerblichen Betätigung Dritter in den Betriebseinrichtungen und Verkehrsflächen der SWM sowie die Erteilung von professionellem (auch nicht gewerblichem) Schwimmunterricht, Training oder einer anderen Animation ist nur nach vorheriger Genehmigung der SWM gestattet. … Die Einschätzung, ob eine gewerbliche Betätigung bzw. professioneller Schwimmunterricht vorliegen, obliegt dabei den SWM. Anhaltspunkte für professionelles Abhalten von Unterricht sind unter anderem: Teilnahme von mehreren Personen; Abhalten in regelmäßig wiederkehrendem Rhythmus; entgeltliche Tätigkeit des Trainers; geeignete Ausbildung des Trainers. (Aus der Badordnung der Stadtwerke München)
Man kann sich leicht vorstellen, dass es einen Graubereich zwischen professionellem oder gewerblichen Schwimmtraining und einem Freundschaftsdienst gibt. Nach den vorliegenden Informationen scheint der Fall in Wien aber vollkommen übertrieben. Es muss möglich sein, beim Schwimmen mit einem Freund oder einer Freundin Tipps zu geben.
Die Kolumne gibt es hier zum Nachlesen.