Fünf Monate nach der ARD Doku „Missbraucht – Sexualisierte Gewalt im Deutschen Schwimmsport“ kritisiert das BMI die schleppende Aufarbeitung des DSV. Um Fördergelder muss der Verband jedoch noch nicht fürchten.
Der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) steht in der Kritik. Mal wieder. Dieses Mal geht es um die schleppende Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt. Im August schlug eine Dokumentation der ARD hohe Wellen im deutschen Schwimmsport. Der ehemalige Wasserspringer Jan Hempel beschuldigte seinen ehemaligen Trainer darin, ihn über mehr als zehn Jahre missbraucht und vergewaltigt zu haben. Hempel warf außerdem dem damaligen Wassersprung-Bundestrainer Lutz Buschkow vor, von den Vorfällen gewusst und nicht gehandelt zu haben. Der DSV reagierte darauf mit einer Freistellung des Funktionärs, im Oktober folgte eine fristlose Kündigung.
Auch das Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) interessiert sich für die Vorgänge im DSV. Aus einem Untersuchungsbericht mit dem Titel „Aktuelle Situation des Deutschen Schwimm-Verband e.V. im Hinblick auf die Vorwürfe sexualisierter Gewalt“, der der ARD-Sportschau vorliegt, geht hervor, dass der DSV zwar vorerst mit der vollständigen Förderung aus Steuermitteln rechnen darf. Der Verband habe alle in der „Eigenerklärung zur Prävention und Bekämpfung von sexualisierter Gewalt im Sport“ enthaltenen Forderungen „vollumfänglich umgesetzt“. „Konsequenzen für die aktuelle Förderung des DSV haben die Vorfälle daher zunächst nicht“, heißt es im Bericht des BMI an die Mitglieder des Sportausschusses des Bundestages. Allerdings wird das Gremium am Mittwoch gemeinsam mit der DSV-Doppelspitze Wolfgang Rupieper und Kai Morgenroth dazu tagen.
„Gundlegende Defizite“ im DSV
Trotz der weiteren Förderungszusage für den DSV hat das BMI den DSV kritisiert. „Nach Auffassung des BMI sollte der DSV seine Aufklärungsarbeit zügig forcieren und sehr viel stärker vorantreiben“, heißt es. „Die in der Dokumentation aufgezeigten Fälle verdeutlichen einmal mehr, dass zügiges Handeln zum Schutz der Sportlerinnen und Sportler gefordert ist. Jeder einzelne Fall ist verstörend und untergräbt weiter das Vertrauen in den Sport“. Im DSV erkenne das BMI „grundlegende Defizite, die strukturell gelöst werden müssen“.
Nach Veröffentlichung der ARD-Dokumentation hatte der DSV angekündigt, schnell und umfänglich handeln zu wollen. Aus dem Bericht des BMI geht nun hervor, dass der Verband das Ministerium erst nach erneuter Aufforderung Ende Dezember über den Stand der Ermittlungen informierte, erst nach den Präsidiumswahlen im November vergangenen Jahres soll die Aufarbeitung demnach Fahrt aufgenommen haben. Eine unabhängige Kommission, die der DSV im November als „Leuchtturmprojekt“ angekündigt hatte, gebe es immer noch nicht.