Montag, 2. Dezember 2024

Hightech-Sensoren sollen Schwimmbäder sicherer machen

Ein Startup aus Baden-Württemberg verspricht eine Revolution in der Wasserrettung und zeigt die neue Technik im Hallenbad in Bretten.

Der Schwimmer im Sportbecken des Hallenbads in Bretten sinkt lautlos zu Boden. Im Nu liegt sein bewegungsloser Körper auf dem Grund. Zum Glück handelt es sich bei der Aktion an diesem Spätvormittag Anfang Oktober nur um eine Demonstration. Der Mann im Wasser ist ein ausgebildeter Rettungsschwimmer, er mimt einen Ertrinkenden. Rund zwei Dutzend Männer und Frauen am Beckenrand sind zu der Schau eingeladen worden, sie blicken auf einen Computermonitor, auf dem ein Diagramm zu sehen ist, das Hochfrequenzwellen abbildet. Diese Wellen werden von zwei sogenannten Scan-Units im Becken ausgesendet. Diese kleinen Geräte im Wasser fangen auch das Echo dieser gesendeten Wellen wieder auf.

Ein neu entwickeltes Computerprogramm seiner Firma Maduka erkenne nach wenigen Sekunden, ob die Menschen im Becken „nur“ schwimmen – oder ob jemand fast lautlos untergeht und zu ertrinken droht, sagt Martin Duch. Der Betriebswirt und passionierte Schwimmer ist der Gründer und Geschäftsführer des Startups Maduka aus Ettlingen in Baden-Württemberg.

System kann nachträglich eingebaut werden

Auf dem Bildschirm am Beckenrand erkennen die geschulten Augen der Fachleute von Maduka blitzschnell, dass im Wasser etwas nicht stimmt. Also schicken sie bei dieser Demo einen weiteren Rettungsschwimmer los, der den Kollegen, der den Ertrinkenden spielt, sofort aus dem Wasser holt. Die gesamte Aktion dauert kaum länger als 15 Sekunden. Im Ernstfall könnten unmittelbar danach die Maßnahmen zur Wiederbelebung beginnen. Duch spricht mit Blick auf die Neuentwicklung von einem „revolutionären System“ zur Erkennung Ertrinkender, das in fast allen Bädern nachträglich eingebaut werden könnte – in 50-Meter-Wettkampfbecken ganz genauso wie in kleinere Hotelpools.

Duch sagt „könnte“, denn für die Entwicklung bis zur Marktreife, die für das kommende Jahr angestrebt werde, benötige sein Unternehmen Kredite. 2024 soll das System fertig sein und in Notfällen komplett autonom einen Pieper aktivieren. Das Aufsichtspersonal würde alarmiert, ein Computermonitor am Beckenrand wäre dann freilich nicht mehr erforderlich. Martin Duch sagt, die Badaufsicht laufe nach wie vor wie anno dazumal. Das will er ändern. Es gehe ihm keinesfalls darum, Rettungsschwimmer einzusparen. Das System werde dem Aufsichtspersonal die Arbeit erleichtern, denn in einem übervollen Becken sei es kaum möglich, immer alle Schwimmer im Blick zu haben.

Vorteil gegenüber Kamera-Systeme

Wie viel Geld er noch benötigt, das mag Martin Duch nicht verraten. Wer am Rande der Veranstaltung mit Vertretern von Banken spricht, die auch eingeladen worden sind, hört: Es dürfte sich um eine Millionensumme handeln. Die Stadtwerke Bretten haben Duch und seine Partner bereits überzeugen können, das kommunale Unternehmen ist mit zehn Prozent an Maduka beteiligt. Der Geschäftsführer der Stadtwerke, Stefan Kleck, sagt, die 100.000 Euro aus Bretten seien gut angelegtes Geld. Anders als die Video-Systeme, die bereits auf dem Markt seien, funktioniere das neue System aus Ettlingen auch bei trübem Wasser. Und Duch sagt, die Neuentwicklung entspreche mit Sicherheit auch den Datenschutzverordnungen, denn niemand müsse gefilmt werden. „Wir sehen großes Potenzial“, sagt der Geschäftsführer Kleck, er hoffe auf Rendite.

An der Entwicklung des Systems, die bis dato rund eineinhalb Jahre gedauert hat, ist auch das Fraunhofer Institut beteiligt. Dieter Weber vom Fraunhofer Institut sagt: Videosysteme hätten eine größere Fehlalarmquote, etwa weil die Kameras von Badegästen verdeckt werden. Geschäftsführer Duch sagt, man habe im Zuge der Entwicklung der Hightech-Sensoren mit Rettungstauchern, Gerichtsmedizinern, Biologen und Kripo-Beamten gesprochen und deren Ratschläge eingeholt. Das neue System arbeite autark, sprich: weder W-Lan noch eine App oder Internetzugang seien erforderlich. Das System sei ausbaufähig, etwa für den Einsatz in offenen Badegewässern.

Jetzt die Gretchenfrage: Was wird das System pro Becken wohl kosten. Duch druckst zunächst ein wenig herum – und sagt dann: „Im Bereich der Videosysteme, also zwischen 80.000 und 150.000 Euro.“ Zudem müssten die Betreiber der Bäder mit einer vierstelligen Servicepauschale pro Jahr rechnen.


Dieser Artikel erschien zuerst in der Stuttgarter Zeitung

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Martin Tschepe
Martin Tschepehttp://www.bahn9.de/
Martin Tschepe ist freier Autor, Swimguide, Freiwasser- und Eisschwimmer des SV Ludwigsburg.

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