Henning Mühlleitner steht beim Bäcker in der Schlange, als wir ihn am Telefon erreichen. Es ist sein 23. Geburtstag. Frei hat er deshalb nicht. Eine harte Morgeneinheit steckt ihm bereits in den Knochen; der neue Neckarsulm-Coach Matthew Magee verlangt viel Einsatz. Früher war das anders. In Ghana erlebte der spätere Schwimm-Europameister eine unbeschwerte Kindheit fernab vom Leistungssport.
Henning Mühlleitner, ist es besser, wenn die Eltern mit dem Sport ihrer Kinder nicht viel anfangen können? Ich denke, das hat schon seine Vorteile. Ich möchte keine Eltern schlecht reden, aber ich bin froh darüber, dass mein Vater oder meine Mutter nicht mit der Stoppuhr in der Hand am Beckenrand standen. So konnte ich mich auf mich konzentrieren und mit meinen Freunden herumblödeln, ohne das mir jemand sagte, wie wichtig das nächste Rennen sei.
Aber interessiert hat es Ihre Eltern schon, was Sie machten? Ja, sehr. Sie konnten nur mit den Zeiten überhaupt nichts anfangen. Das musste ich immer erklären.
Ihr Vater war und ist in der Entwicklungshilfe tätig. Deshalb verbrachten Sie einige Jahre in Sunyani in Ghana. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit? Dafür, dass ich damals noch sehr jung war, habe ich sehr viele Erinnerungen. Am meisten hängen geblieben ist, wie ich mich frühmorgens mit meinen Flipflops zum Nachbarn rausgeschlichen habe, um dort den ganzen Tag zu spielen. Abends kam ich komplett rot nach Hause wegen dem ganzen Sand und Dreck.
„Früher habe ich in den Tag gelebt. Doch wenn alle um dich herum akribisch arbeiten, fühlst du dich im Zugzwang, auch alles zu geben. Ich würde sogar so weit gehen, dass ich ohne Schwimmen mein Abitur nicht geschafft hätte.“
Henning Mühlleitner im SWIM-Interview
Klingt nach unbeschwerter Kindheit. Das war es wirklich, obwohl die Vorschule sehr streng war. Es gab Schläge mit dem Stock, wenn man nicht aufpasste. Und Nachsitzen. Mir war damals noch alles unbewusst, was ich machte. Wir haben Skorpione zerschlagen und Schlangen gefangen. Jetzt, durch Black Lives Matter, wird einem der Hass und dieser ganze Rassismus auf der Welt wieder einmal bewusst. Als Kind ist man sehr direkt und sagt, was einen in den Kopf kommt. Da gibt es diese komische Zurückhaltung nicht. Und es ist völlig egal, wie der andere aussieht.
Schwimmer fangen in der Regel sehr früh mit dem Sport an. Haben Sie in Ghana schwimmen gelernt? Dort habe ich höchstens tauchen gelernt. In einem Schwimmbecken mit harmlosen Unterwasserskorpionen. Wasserscheu war ich sicher nicht, aber richtig schwimmen habe ich erst in Deutschland gelernt.
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