Mittwoch, 24. April 2024

Extremschwimmer Wiersig schaut nach der Enttäuschung schon wieder nach vorn

Peter Jacob Diesmal hat es für André Wiersig nicht gereicht.

Die Nacht nach der Aufgabe verlief unruhig für André Wiersig. Nach seinem jäh gescheiterten Versuch war an Schlaf nicht zu denken. So ging der Schwimmer um 2 Uhr nachts an den Strand: die Gedanken ordnen. Der 49-Jährige war aber nicht allein an der Küste Praslins, der zweigrößten Insel der Seychellen. In der tropischen Nacht traf er seinen Schwager Jürgen Peters, seinem Vertrauten und ständigem Begleiter. „Wir sind noch lange spazieren gegangen und sind alles noch einmal durchgegangen“, berichtete Wiersig am Tag danach.

Die Enttäuschung war groß bei Wiersig. Die Kanäle der herausfordernden Ocean’s Seven hat er als einziger Athlet im ersten Versuch geschafft. Und auch das spektakuläre Schwimmen von St. Peter-Ording nach Helgoland im August 2021 war nahezu perfekt verlaufen. Allerdings war der Schwimmer darauf nie stolz gewesen. „Aufgeben ist immer eine Option“, hatte er in dem Buch „Nachts allein im Ozean“ geschrieben, in dem er über seine Reise durch die sieben Kanäle erzählte. Nun sagte er, mit Blick auf das strahlende Türkis und Blau des Indischen Ozeans: „Es war logisch, dass so etwas einfach mal passieren muss.“

Am Abend zuvor hatte dieses Wasser, so einladend es nun wirkte, seine ganze Kraft und Energie zur Schau gestellt. Als Wiersig um 17:11 Uhr Ortszeit auf Mahé ins Wasser ging, um durch die Nacht zur 47 Kilometer entfernten Insel La Digue zu schwimmen, stürmte es zwar nicht. „Aber die Wellen kamen einfach von allen Seiten“, so Wiersig. „Und auch die Strömung war viel stärker, als ich es erwartet hatte.“

Dennis Daletzki André Wiersig in seinem Element.

„Ich bin nicht hier, um gegen den Ozean zu kämpfen“

Schon nach wenigen hundert Metern geriet Wiersig in eine starke Drift und wurde vom Kurs abgetrieben. Der Wellengang war so stark, dass die Versorgung des Schwimmers mit Nahrung kaum zu leisten war. „Zweimal habe ich das Boot an die Schulter bekommen“, sagte Wiersig. „Das war gefährlich, auch wenn ich mich glücklicherweise nicht verletzt habe.“ Und dann schluckte Wiersig so viel Salzwasser, dass er mehrere Male erbrechen musste.

Zwei Stunden lang kämpfte Wiersig mit den Naturgewalten, dann wurde ihm klar, dass sein Unternehmen in dieser Nacht sinnlos sein würde. Er brach ab und stieg auf die „Thorpe“, das Boot der Küstenwache, das ihn begleitete. „Ich bin nicht hier, um gegen den Ozean zu kämpfen“, sagte Wiersig. „Ich habe immer gesagt, dass am Ende das Meer entscheidet, ob ich da durchkomme oder nicht.“ Am Mittwochabend hatte es gegen ihn entschieden, erstmals.

„Das war ein Fehler“

Er sei nie in Gefahr gewesen, versicherte er. Auch die Vorbereitungen seien gut verlaufen. „Das Einzige, was ich mir wirklich vorwerfen muss: Dass ich nicht die Stärke hatte, den Start abzusagen. Ich hatte am frühen Morgen auf das Meer geguckt, und das Wetter sah nicht so aus, wie wir es gebraucht hätten. Ich hätte den Start verschieben müssen. Das war ein Fehler.“ Sie hätten Bedingungen gebraucht wie beim Testschwimmen zehn Tage vor dem Start, als das Wasser, so Wiersig, „so aussah, als wäre jemand mit einem riesigen Bügeleisen darüber gegangen.“

Die Ziele seiner Mission seien dennoch realisiert worden. Sein Vorhaben, die Bevölkerung der Seychellen und vor allem die einheimischen Kinder auf den Schutzbedürftigkeit des Ozeans zu sensibilisieren, sei vollkommen umgesetzt worden, sagte der 49-Jährige. Auch in Zukunft wolle er weitere Missionen in den Blick nehmen, sagte er. „Ich werde weiterhin alles tun, um den nachhaltigen Umweltschutz und die Schönheit des Meeres zu vermitteln.“

Ob Wiersig aber auf den Seychellen noch einmal schwimmt, das ließ er offen. „Ich kehre sicher noch einmal hierher zurück“, sagte der Sportler, der Sonntag wieder in die Heimat fliegen wird. „Aber ob ich diese Strecke noch einmal in Angriff nehme, das kann ich noch nicht sagen.“

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