Mittwoch, 9. Oktober 2024

Trainingsmöglichkeiten für Vereine sind begrenzt

„Endlich wieder Training!“, dieser Gedanke war vermutlich in den Köpfen vieler Schwimmer, als die Bäder nach dem Lockdown wieder öffneten. Doch schon bald folgte Ernüchterung: weniger Trainingszeiten als vorher, strenge Regeln und so richtig trainieren ging auch erstmal nicht. Dazu kommt, dass die Regelungen in Deutschland nicht einheitlich sind. Teilweise unterscheiden sie sich sogar innerhalb eines Bundeslandes, je nachdem, wie das zuständige Gesundheitsamt die Regeln interpretiert und welche zusätzlichen Vorgaben der Badbetreiber macht. Wir haben exemplarisch zwei Schwimmvereine in Süddeutschland und Nordrhein-Westfalen zu den aktuellen Trainingsbedingungen befragt. Die Namen der Vereine und der handelnden Personen bleiben anonym, weil die Verantwortlichen Konsequenzen befürchten, falls die Umsetzung der Maßnahmen trotz aller Bemühungen nicht den aktuellen Forderungen entsprechen sollte.

Weniger Zeiten und weniger Teilnehmer

„Wir sind froh, wieder in die Halle zu können, aber die Zeiten sind alles andere als optimal“, sagt der Vorsitzende des Vereins aus dem Süden. Trainingsbeginn sei um 16 Uhr, wer nicht pünktlich komme, müsse draußen bleiben. Dadurch werde es sowohl für Schülerinnen und Schüler, die die Ganztagsschule besuchen, als auch für Arbeitnehmer schwierig, am Training teilzunehmen. „Bis März war das anders, da haben wir erst um 17 Uhr angefangen und konnten hintenraus länger trainieren. Das war für alle einfacher. Aber das geht halt nicht mehr, wir müssen jetzt schauen, dass wir damit zurechtkommen.“

Durch die Rationierung der Trainingszeiten und die Teilnehmerbegrenzung mussten Trainingsgruppen zusammengelegt und Zeiten reduziert werden. Trotzdem hat der Vorstand das Gefühl, nicht mehr allen gerecht werden zu können: „Entweder Breiten- oder Leistungssport, beides geht gerade einfach nicht.“ Die erste Mannschaft muss sich mit zwei Trainingseinheiten pro Woche zufriedengeben, Anfang des Jahres waren es noch vier bis fünf.

„Wir schwimmen im Einbahnstraßensystem“

Deutlich besser sieht es beim Verein in NRW aus. Seit dem Ende der Sommerferien können die ursprünglichen Zeiten wieder für das Vereinstraining genutzt werden. „Aktuell sind die Kapazitäten ausreichend, so dass wir für die Leistungsmannschaften vier- bis fünfmal in der Woche Training anbieten können“, erklärt der sportliche Leiter. Auch die Bedingungen während des Trainings unterscheiden sich. Während bei einem Verein auf normalbreiten Bahnen geschwommen werden kann, muss beim anderen auf Doppelbahnen trainiert werden, die zusätzlich noch durch eine Leine getrennt sind. „Ein richtiges Training ist kaum möglich, wir schwimmen im Einbahnstraßensystem und müssen nach 25 Metern die Bahn wechseln. Überholen ist auch nicht erlaubt“, berichtet der Vorsitzende.

Kinderschwimmkurse finden in beiden Vereinen derzeit nicht statt, die Gründe dafür sind jedoch verschieden. Während es in einem Fall heißt, die geltenden Coronaschutzmaßnahmen würden Kurse verbieten, sieht man beim anderen Verein „keine Möglichkeiten, Kurse anzubieten und gleichzeitig unsere Trainer wirkungsvoll vor einer Infektion mit Covid-19 zu schützen“. In beiden Vereinen hat sich eine lange Warteliste gebildet, immer wieder müssen Absagen verschickt werden. Wann Kurse wieder stattfinden können, ist nicht absehbar.

Keine Wettkämpfe, keine Motivation

Auch wenn die Trainingsbedingungen unterschiedlich sind, stehen beide Vereine vor dem gleichen Problem: Wie hält man seine Wettkampfschwimmer bei der Stange, wenn keine Wettkämpfe stattfinden? Viele Sportler haben in der langen Zeit ohne Schwimmtraining die Lust am Sport verloren oder eine andere Sportart für sich entdeckt, die schon eher wieder möglich war. Das gilt besonders für den Nachwuchsbereich, wo die Kinder oft noch mehrere Sportarten betreiben. Außerdem können keine neuen Schwimmer ausgebildet werden.

Wenn es irgendwann wieder losgeht, könnte ein ganzer Jahrgang fehlen. Ein Problem, das so schnell nicht zu lösen sein wird. Auch ist die Angst da, nicht mehr konkurrenzfähig zu sein. Die Kluft zwischen kleinen Vereinen, die an der Basis arbeiten und großen Vereinen oder sogar Stützpunkten wird größer. „Mit den großen Vereinen brauchen wir uns nicht mehr zu vergleichen“, sagt der Vorsitzende. Und die Jugendwartin ergänzt: „Wir müssen bei den Nachwuchssportlern möglicherweise wieder bei null anfangen.“

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Jule Radeck
Jule Radeck
Jule Radeck studierte Sportwissenschaften, bevor sie als Volontärin nach Hamburg zog. In ihrer Freizeit findet man sie oft im Schwimmbecken, manchmal auf dem Fahrrad und selten beim Laufen.

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