Ihr Ultraschwimmen im warmen Montenegro liegt hinter SWIM-Bloggerin Anita. Jetzt wird wieder in heimischen Gefilden geschwommen. Was die leidenschaftliche Draußenschwimmerin dabei erlebt, schildert sie im neuen Blog „EISZEIT“.
Mit dem 1. November hat für mich wie für viele andere die Eisschwimmzeit begonnen. Oder zumindest schon mal die Kaltbadesaison. Wo viele Menschen ihre Badeklamotten also eine Weile einmotten oder maximal ins muckelige Hallenbad gehen, erfreue ich mich weiter der Freiwassersaison und härte mich mental und körperlich gegen die Kälte ab. Wobei „gegen“ nicht das richtige Wort ist. Denn ich habe gelernt, mit der Kälte zu leben und sie sogar richtig zu lieben.
Liebe die Kälte
Vor ein paar Jahren sah das noch ganz anders aus. Ich wollte weinen, wenn der Sommer sich dem Ende neigte und habe schon beim Gedanken an niedrige Temperaturen gefroren. 2016 habe ich dann eine erste, schmerzhafte, aber sehr lustige Erfahrung mit dem Kaltwassser gemacht. Im Island-Urlaub. Dort hat mich der Chef der Touristenbehörde zum Schwimmen eingeladen, aber als wir am besagten Treffpunkt ankamen, war da gar kein schönes, warmes Thermalbad, sondern nur ein Fjord. Der Chef war plötzlich in Badehose verschwunden und kam 45 Minuten später wieder aus dem Wasser. Zwei Kilometer zum gegenüberliegenden Fjord und zurück. Ich hingegen habe allein 15 Minuten gebraucht, um einmal komplett in das 13 Grad kalte Wasser zu tauchen. Wie Nadelstiche hämmerte es auf meiner Haut – zur Belustigung meines Mannes. Hier mal der dreifach verschnellerte Film von damals:
Ich wollte mehr
Danach habe ich ein paar Jahre nichts mehr von kaltem Wasser wissen wollen – bis mich am 1. Januar vor fast vier Jahren irgendwas geritten hat und ich – hochschwanger und genervt von den Corona-Schließungen – so das Wasser vermisst habe, dass ich zum Fühlinger See gefahren bin und quietschend für ein paar Sekunden hinein bin. Im selben Moment schwammen drei Mädels im Badeanzug mitten durch den See – mit Bojen und bester Laune. Das Wasser hatte um die elf Grad.
Andrea rief mir aus dem Wasser ihre Handynummer zu und ein paar Tage später habe ich mich der illustren Gruppe angeschlossen. Viel schöner, mit anderen, erfahrenen Eisbadern. Ich blieb diesmal direkt zwei Minuten drin und fand es am Ende sogar ganz angenehm. Ich wollte mehr. Also ab zum Arzt, einmal fragen, ob das auch in der Schwangerschaft okay ist. Die Antwort: „Bei einer kurzen Zeit im Wasser verändert sich die Körperkerntemperatur nicht und die Wärme wandert in die Körpermitte. Dem Kind kann somit nichts passieren. Viel Spaß!“
Im April 2021 kam mein Sohn zur Welt, die Eisbadesaison war sowieso erstmal vorbei und ich bin ins Oberbergische gezogen – natürlich nicht, ohne vorher meine potenziellen Eisbadestellen für den nächsten Winter zu checken. Mit Erfolg. Am Aggerstrand in Engelskirchen-Ründeroth fließt kaltes, klares Quellwasser, es gibt einen Stehbereich und zum Ende des Sommers habe ich angefangen, einfach nicht mehr mit dem Schwimmen dort aufzuhören – das ist der sanfteste Einstieg ins Eisbaden. Immer als Begleitung dabei: mein Mann. Safety first!
Nach und nach kamen immer mehr Badegäste, die einfach mal mitmachen wollten. Einer davon: mein Kumpel Roman aus Gummersbach. Er war skeptisch, aber nach seinem ersten Eisdip sofort Feuer und Flamme. Weil er aber häufiger in der Aggertalsperre baden ging, scharrten sich um ihn ein paar Gleichgesinnte und um mich eben die, die es näher zum Strand hatten. Wir wurden wunderbare Teams und ein Jahr später, im Dezember 2022, beschlossen wir, uns alle zusammenzutun und eine Gruppe für die ganze Region zu gründen. Die „Oberberger Zitteraale“ waren geboren.
Die Zitteraale sind Programm
Und mit jeder Saison blieben einige von uns länger im Wasser – was durchaus auch den Effekt haben kann, hinterher ziemlich zu zittern und seinen warmen Tee eher zu verschütten, als ihn in den Mund zu befördern. Aber wie cool ist das bitte, dass der Körper so schlau ist und sich selbst wieder aufwärmen kann? Ich habe zudem gemerkt, wie sehr mir dieses Kältetraining im Alltag half. Ich war nicht mehr so kälteempfindlich, habe mich von Jahr zu Jahr mehr auf den Winter gefreut und im Dezember 2023 dann auch an meinem ersten Eisschwimmwettbewerb teilgenommen – beim Amstel Ice Swim in den Niederlanden. Das war auch meine erste Saison, in der ich richtig im kalten Wasser schwimmen war – mit Badekappe und Brille und Kopf unter und Kraulen. Aber mehr zu den Effekten und allem, was das Eisbaden so mit sich bringt, erzähle ich einfach beim nächsten Mal. Stay cold … äääh tuned!
Als Ausdauerathletin mit Hang für besondere Herausforderungen bloggt Anita auf SWIM.DE über ihre Erlebnisse im eisigen Wasser. Auf Anitas Website könnt ihr euch zum Newsletter anmelden. Hier geht es zu ihrem Instagram-Account.