Bei den German Championships im Eisschwimmen im sächsischen Hermsdorf sind die Gewinner des Deutschland-Cups gekürt worde. Unser Autor ist auch gestartet – und über 1.000 Meter überraschend Deutscher Meister geworden.
Was für eine Kulisse! 22. Februar 2025: Der perfekte Tag für die Zollhaus Open, die Deutschen Meisterschaften im Eisschwimmen. Blauer Himmel, ein Grad bitterkaltes Wasser in dem kleine See, der zum Hotel Altes Zollhaus im sächsischen Hermsdorf gehört, Schnee bedeckte Wiesen. Der Uferbereich des Tümpels ist noch immer komplett mit Eis überzogen. Die Helfer haben während der Tag zuvor ganze Arbeit geleistet, bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt haben sie mit Hacken und Pickeln den größten Teil des Sees von einer dicken Eisschicht befreit. Am Samstagmorgen ist alles bereit für die Schwimmerinnen und Schwimmer. Die fünf Bahnen sind eisfrei.
Um 9 Uhr geht’s los, und gleich mit der Mammutstrecke, den 1.000 Metern. Im ersten Lauf schwimmt Ulf Karnikowski. Dieser Mann hat angekündigt, dass er bei den eintägigen Deutschen Meisterschaften gleich neunmal starten will, über alle Strecken! Die 1.000 Meter bewältigt Ulf in 18 Minuten – und wird mit dieser Zeit Zweiter in der offenen Wertung. Nach dem Rennen zittert er wie wild, etwas später wird sich Ulf im Saunazelt aufwärmen und auf seine nächsten Starts vorbereiten. Abwarten, ob er es tatsächlich schaffen kann, alle Rennen zu schwimmen. Zusammengezählt käme er dann auf 1,85 Kilometer – fast genau die nautische Meile.
Ich schwimme etwas später als Ulf meine 1.000 Meter Freistil. Die Konkurrenz ist diesmal nicht riesig, insgesamt stehen nur sechs Männer auf der Starterliste. Ein paar Topschwimmer haben abgesagt, etwa der deutsche Mister Eisschwimmen, Christof Wandratsch. Meine ersten 600 Meter in dem saumäßig kalten Wasser fühlen sich richtig gut an – vermutlich auch, weil ich vom Start weg voraus schwimme. Die letzten Bahnen sind aber knüppelhart. Nach gut 17 Minuten ist mein Kilometer geschafft – und ich bin geschafft, aber happy: Deutscher Meister in der offenen Wertung, das hört sich doch ziemlich gut an. Auch wenn ich weiß: Es gibt schnellere im Land. Doch wie heißt es so schön: Wer nicht zur Party kommt, der kann auch nicht tanzen.
Für die Zuschauer, die warm eingepackt mit Mütze, dicker Jacke und Handschuhen am Ufer stehen, sind vermutlich alle Frauen, Männer und Jugendlichen, die sich in den See trauen, wahre Helden. Viele sind ganz offenkundig indes auch der Ansicht, alle Eisschwimmer seien ein bisschen verrückt. Stimmt ja auch: Wir sind schwimm-verrückt.
Eine der unerbittlichen Wiederholungstäterinnen ist Elke Orloff. Die Frau (Altersklasse 70) ist in jedem Winter bei ganz vielen Wettbewerben am Start. Bei diesen Zollhaus Open schwimmt sie (mal wieder) zwei AK-Weltrekorde: über 50 Meter Freistil und 50 Meter Delfin. Glückwunsch, Elke.
Immer wieder tauchen bei den Meisterschaften auch Novizen auf, Leute, die erstmals in ihrem Leben Wettkämpfe in eiskaltem Wasser bestreiten. Diesmal zum Beispiel zwei Youngster von der Nordseeinsel Föhr: Fritz von Reusner und sein Kumpel Marc Oliver, beide 14 Jahre alt. Die zwei Freunde holen sich Gold beziehungsweise Silber über 50 und 100 Meter Freistil. Der Vater von Fritz, Clemens von Reusner, schwimmt auch mit und spricht nach seinen Start von „einem fantastisches Event in traumhafter Landschaft“. Besonders gefallen hätten ihm „die sehr private Atmosphäre, der lockere Umgang miteinander und die freundlichen Begegnungen mit den anderen Sportlern“. Mutter Bea von Reusner sagt, es sei „immer wieder erstaunlich, dass ich unter Adrenalineinfluss gar nicht merke, dass das Wasser so kalt ist, dass neben mir Eisschollen schwimmen“.
Am Spätnachmittag das große Finale: die Staffeln. Ulf Karnikowski hat sein Ziel erreicht, seine acht Einzelstarts absolviert – und er schwimmt jetzt tatsächlich auch noch in einem Team mit. Chapeau! Zu vorgerückter Stunde werden bei einer Pasta-Pizza-Party alle Sieger gekürzt, auch die Gewinner des neuen Deutschlands Cups. Wer bei den vier Eisschwimm-Wettbewerben, die in diesem Winter ausgetragen wurden, die meisten Punkte gesammelt hat, landet ganz vorne: Franziska Partheymüller und Kilian Franke sowie in der Para-Wertung Tina Deeken.
Die nächsten Zollhaus Open werden übrigens am Samstag, 21. Februar, 2026 ausgetragen. Uwe Stammer, der Chef des fünfköpfigen Teams von der Insel Föhr, kündigt an, dass er im nächsten Jahr noch ein paar mehr Insulaner mitbringt will zu den coolen German Championships im sächsischen Erzgebirge.
Mehr Infos zu den Zollhaus Open 2025.