Für die Präsentation seines neuen Wettkampfanzugs übten sich die Herzogenauracher jedenfalls nicht in Zurückhaltung: Als Kulisse diente eines der schönsten Jugendstilbäder Deutschlands. Die Grundsteinlegung des Müller’schen Volksbad in München erfolgte im Jahr 1900, dem Geburtsjahr von Adidas-Firmengründer Adi Dassler. Für die einstündige Show am Mittwochabend erhielt das historische Bad zwei moderne Startlöcke und eine provisorische Zeitmessanlage. Die rund 150 geladenen Zuschauer, Journalisten und Händler verfolgten vom Oberrang aus, wie die Olympiasieger Cesar Cielo (Brasilien) und Allison Schmitt (USA) gemeinsam mit lokalen Nachwuchsschwimmern im rot, blau und weiß beleuchteten Pool in Staffeln gegeneinander antraten. Den Sieg trug dabei das Quartett um Europameister Chris Walker-Hebborn (Großbritannien) hervor.
Selbstbewusste Präsentation
Doch im Mittelpunkt standen in München die neuen Racingsuits, die sich farblich deutlich von den schlichten Vorgängermodellen absetzen. 2008 und 2009 schwamm Britta Steffen noch im komplett schwarzen Anzug zu Olympia- und WM-Gold. Die neue Produktpalette ist dagegen äußerst farbenfroh und dürfte allein schon dadurch auf den Startblöcken dieser Welt für Akzente sorgen.
An der vierjährigen Entwicklung waren unter anderem Textilingenieure, Biomechaniker, Physiotherapeuten und Designer beteiligt. Immer wieder ließen die Experten Prototypen von Spitzenathleten und Nachwuchsschimmern testen. Mit einem 3D-Scanner vermaßen sie Hunderte Schwimmer bis ins kleinste Detail. Das Ergebnis ist unter anderem der weltweit erste Anzug speziell für Brustschwimmer, der für mehr Bewegungsfreiheit beim Beinschlag sorgen soll. Ein optisches und technisches Highlight des Adizero XVI sind die in orange gehaltenen Streifen auf dem Rücken und an den Außen- und Innenseiten. Das spezielle Material dieser Streifen kann im gedehnten Zustand Energie speichern, erklärte Chefentwicklerin Deborah Yeomas. Dies würde die Athleten dabei unterstützen, „mit dem Sprung vom Startblock zu explodieren“.
Farbliche und technische Akzente
Ob sich die Schwimmszene von den vielversprechenden Features „Xtra Fit“, „Xtra Energy“ und „Extra Flow“ beeindrucken und überzeugen lässt, wird die Zukunft zeigen. Beim imposanten Launchevent im Müller’schen Volksbad zumindest war von Zurückhaltung keine Spur. Selbstbewusst kündigte der Sportartikelriese an, sich wieder langfristig im Spitzenschwimmsport etablieren zu wollen. Der Adizero XVI wird voraussichtlich ab Februar erhältlich sein.
Um die Jahrtausendwende hatte Adidas mit dem weltweit ersten Ganzkörperanzug für Aufsehen gesorgt. Ian Thorpe schwamm darin in Sydney und Athen zu fünf olympischen Goldmedaillen. Doch in den Regeländerungen durch die FINA 2009 sah man einen Rückschritt ins vergangene Jahrtausend, so Adidas-Director Swim Christine Barth-Darkow, weshalb sich die Marke mehr oder weniger aus dem Sport zurückzog.
Bis 2020 an die Spitze
Doch unter anderem wegen der großen Bedeutung des Schwimmens bei Olympischen Spielen wolle man nun zurück. Außerdem ließe auch der enge FINA-Rahmen noch Innovationen zu. Der sogenannte Attackplan 2020 sieht deshalb vor, in den nächsten fünf Jahren wieder eine führende Rolle im Wettkampfsport einzunehmen. Derzeit dominiert Arena mit weitem Abstand vor Speedo, Head und anderen Herstellern den Markt. „Uns ist es ernst. Wir wollen die Nummer eins werden“, kündigte Barth-Darko an. Ob auf dem Weg dorthin auch deutsche Topathleten ins Boot geholt werden, steht noch nicht fest. Kontakte seien aber bereits geknüpft.