Drei Jahre sind die Olympischen Spiele von Tokio her. Am 5. August 2021 schwamm Florian Wellbrock in der Marina Bay dominant zum Titel über 10 Kilometer im Freiwasser.
Florian Wellbrock hat es geschafft: Der Magdeburger holte in Tokio das erste Freiwasser-Gold für die deutschen Schwimmer und das erste Gold für einen deutschen Schwimmer seit Michael Groß und Uwe Daßler vor 33 Jahren. Rund drei Jahre später lassen wir das außergewöhnliche Rennen mit dem SWIM-Artikel vom 5. August 2021 noch einmal Revue passieren. Schließlich trifft sich die Freiwasser-Elite am 9. August in Paris. Titelverteidiger Florian Wellbrock ist dann der Gejagte.
Florian Wellbrock zählte beim Freiwasserrennen der Olympischen Spiele von Tokio 2020 zum engsten Favoritenkreis, keine Frage. Doch die überragende Manier, mit der sich Magdeburger sich die Goldmedaille im Odaiba Marine Park sicherte, macht ihn zu einem der ganz großen Dominatoren dieser Spiele. Wellbrock bestimmte das 10-Kilometer-Rennen vom ersten Meter an, spielte mit der Konkurrenz und feierte fast einen Start-Ziel-Sieg, wie er in einem Weltklasse-Freiwasserrennen nur selten vorkommt.
Wellbrock und Muffels führen auf dem ersten Kilometer
Schon auf den ersten Metern nach dem Start um 6:30 Uhr Ortszeit setzte sich Wellbrock im schon fast 30 Grad warmen Wasser an die Spitze. Niemand wollte oder konnte dem hohen Angangstempo des in Bremen geborenen Deutschen folgen. Auch Rob Muffels als zweiter Starter des Deutschen Schwimmverbands präsentierte sich selbstbewusst und platzierte sich in der ersten großen Gruppe, führte diese sogar stellenweise an.
Nur OIivier versucht mitzugehen
Bei der ersten Zwischenzeit nach einer halben von sieben Runden hatte Wellbrock bereits einen Vorsprung von über zehn Sekunden auf Muffels herausgeschwommen, doch das Feld reagierte, vor allem durch die Arbeit des Franzosen Marc-Antoine Olivier, der die Lücke auf fünf Sekunden verkürzen konnte. Andere hielten sich noch zurück, wie der Ungar Kristof Rasovzsky, der später sagte, dass es ihm zwar gelungen sei, in der ersten Phase des Rennens Energie zu sparen – „nicht genug allerdings, um gegen Wellbrock auch nur den Hauch einer Chance zu haben.“
Die Ruhe vor dem ruhigen Sturm
Wellbrock konnte man unterdessen sein Tempo kaum ansehen. Der Deutsche strahlte mit seinen konstant 30 Zügen pro Minute die Ruhe aus, die er auch außerhalb des Wassers stets behält. Nach viereinhalb Kilometern schien es Wellbrock langweilig zu werden, er musste Olivier förmlich bitten, auch einmal die Führung zu übernehmen. Es war der erste von nur zwei Führungswechseln in diesem Olympiarennen, denn wenige Meter später hatte der Deutsche die Form des Franzosen ausgetestet und machte sich selbst wieder an die Arbeit – durch seine Trainer wissend, dass von hinten Gefahr lauerte. Und zwar in Form des Italieners Gregorio Paltrinieri, der immer weiter zu Wellbrock aufschloss. „Das war die einzige Phase im Rennen, die mir etwas Sorgen machte“, sagte Wellbrock später. Doch nicht etwa wegen Paltrinieri: „Ich befürchtete vielmehr, dass der Italiener andere starke Schwimmer wie den Niederländer Ferry Weertman mit nach vorn schwimmt.“ Weertman hatte 2016 vor der Copacabana von Rio de Janeiro Gold geholt.
Doch nun sollte sich zeigen, dass die Taktik des Deutschen aufgegangen war: Die Verfolger hatten für ihre Aufholjagd viel zu viel Energie aufgebracht, um am Ende eine Tempoverschärfung mitgehen zu können. Wellbrock hingegen legte noch einmal zu, erhöhte seine Zugfrequenz in der vorletzten Runde auf 32, dann 33 Schläge pro Minute – und setzte im Endspurt den finalen Punch. Nach 1:48:33 Stunden konnte sich Florian Wellbrock zwei Wochen vor seinem 24. Geburtstag als erster deutscher Freiwasser-Olympiasieger feiern lassen und als erster Mann, der seit Michael Groß über 200 Meter Schmetterling (BRD) und Uwe Daßler über 400 Meter Freistil (DDR) in Seoul 1988 Gold für Deutschland im Schwimmen holte. Im langen Endspurt um Silber und Bronze konnte sich 25 Sekunden nach Wellbrock der Unger Kristof Rasovszky vor dem Italiener Gregorio Paltrinieri durchsetzen.
Hinter dem Israeli Maran Roditi und dem Griechen Athanasios Kynigakis schlug der Franzose Marc-Antoine Olivier als Sechster an, einen Platz vor Titelverteidiger Ferry Weertman aus den Niederlanden. Rob Muffels musste am Ende seiner Anfangsarbeit Tribut zollen und konnte sich im Endspurt des Hauptfeldes viereinhalb Minuten nach seinem Teamkollegen Wellbrock als Elfter behaupten.
Wellbrock und Paltrinieri wie einst Mellouli
Wellbrock und Paltrinieri hatten bereits in der vergangenen Woche im Tokio Aquatics Centre Edelmetall gewonnen: Der Deutsche wurde Dritter über 1.500 Meter, der Italiener Zweiter über 800 Meter Freistil. Medaillen im Pool und Freiwasser innerhalb der gleichen Olympischen Spiele – das war bisher nur dem Tunesier Oussama Mellouli gelungen, dem 2012 in London das exakt gleiche Medaillenset gelang wie nun Wellbrock. Mellouli wurde in Tokio 20.
Olympia 2020: Marathon Swimming | Männer
5. August 2021 | Odaiba Marine Park, Tokio (Japan)Platz | Name | Land | Zeit |
---|---|---|---|
1 | Florian Wellbrock | GER | 1:48:33,7 |
2 | Kristof Rasovsky | HUN | 1:48:59,0 |
3 | Gregorio Paltrinieri | ITA | 1:49:01,1 |
4 | Matan Roditi | ISR | 1:49:24,9 |
5 | Athanasios Kynigakis | GRE | 1:49:29,2 |
6 | Marc-Antoine Olivier | FRA | 1:50:23,0 |
7 | Ferry Weertman | NED | 1:51:30,8 |
8 | Michael McGlynn | RSA | 1:51:32,7 |
9 | Hau-Li Fan | CAN | 1:51:37,0 |
10 | Jordan Wilimovsky | USA | 1:51:40,2 |
11 | Rob Muffels | GER | 1:53:03,3 |
12 | Kai Edwards | AUS | 1:53:04,0 |
13 | Taishin Minamide | JPN | 1:53:07,5 |
14 | Mario Sanzullo | ITA | 1:53:08,6 |
15 | David Farinango | ECU | 1:53:09,8 |
16 | Phillip Seidler | NAM | 1:53:14,1 |
17 | Daniel Delgadillo | MEX | 1:53:14,4 |
18 | Alberto Martinez | ESP | 1:53:16,4 |
19 | Kirill Abrosimov | ROC | 1:54:29,3 |
20 | Oussama Mellouli | TUN | 1:56:33,3 |
21 | Vitaliy Khudyakov | KAZ | 1:57:53,7 |
22 | William Yan Thorley | HKG | 1:58:33,4 |
23 | Tiago Campos | POR | 1:59:42,0 |
24 | Matej Kozubek | CZE | 2:01:52,1 |
DNF | Hector Thomas Cheal Pardoe | GBR | |
DNF | David Aubry | FRA |