In Molveno haben die Wettkämpfe im Eisschwimmen begonnen – und die deutschen Favoriten sind ganz vorn dabei. Unzufriedenheit gibt es bei einigen Teilnehmern über die Aufwärmoptionen nach den Rennen.
Nach den Medizinchecks gestern beginnt der erste Wettkampftag heute mit den 100 Meter Rücken – auch für mich. Die Sonne lacht an diesem Tag zwei der WM im Eisschwimmen wieder vom Himmel, schön für die Schwimmerinnen und Schwimmer. Denn einen richtig warmen Ort gibt es bei diesen Meisterschaften nicht. Keine Sauna, keine Hotpots. Und das Wasser im überdachten Nichtschwimmer-Becken ist allenfalls lauwarm. Nach den 100 Metern ist das kein Problem. Aber mit Blick auf die 500 Meter an diesem Nachmittag und die 1.000 Meter am Freitag vielleicht schon.
Ein rumänischer Schwimmer ist nach seinem Lauf jedenfalls sauer und erklärt: Er sei zur WM gekommen, um Spaß zu haben, „nicht um zu leiden“. Abwarten, vielleicht können die Veranstalter das Wasser im kleinen Becken ja ein bisschen anheizen. Oder doch noch eine mobile Sauna auftreiben.
Die 100 Meter Rücken schwimmt der US-Amerikaner Keaton Jones, Jahrgang 2004, im Vorlauf in 59 Sekunden – ein neuer Overall-Weltrekord. Abwarten, ob er am Abend im Finale noch mehr drauf hat. Die 500 Meter Freistil sind für viele Starterinnen und Starter eine wahre Herausforderung. Ein paar geben auf. Womöglich auch, weil sie wissen: zum anschließenden Aufwärmen gibt’s nur ein paar Duschen. Wer weiß …
Plötzlich Weltmeister
Die Stimmung bei den Zuschauern und den meisten Sportlerinnen und Sportlern ist aber top. Auch bei mir, ich konnte nämlich meinen Lauf über 100 Rücken gewinnen – und bald steht fest: Ich bin tatsächlich Weltmeister! In meiner Altersklasse. Es muss ja zumindest einen Vorteil haben, dass ich dieses Jahr 60 werde. Elke Ortloff holt ebenfalls den AK-Titel und Tina Deeken wohl die Para-Wertung, sie sagt, sie sei sich so gut wie sicher, in der Ergebnisliste fehlen indes bis auf Weiteres die Resultate der Schwimmerinnen und Schwimmer mit Behinderung. Die erste Goldmedaille für das 57-köpfige Team Deutschland ist jedenfalls eingefahren. Und später werden weitere folgen.
Der Erfolgstrainer Stefan Hetzer aus Burghausen sagt mit Blick auf den Unmut wegen der fehlenden Sauna sinngemäß: so ist Eisschwimmen nun mal, kalt. Auch mit solchen Bedingungen müssten die Sportler klarkommen. Eventuelle Manöverkritik will er auf die Tage nach der WM verschieben.
5:41 Minuten für 500 Meter
Später mache ich einen kleinen Spaziergang am Seeufer, beobachte eine Schwimmerin, die im See trainiert, höre in der Ferne den WM-Sprecher. Einmal um den See marschieren dürfte etwa zwei Stunden dauern, mache ich vielleicht am Samstag. Derweil sind die Männer im Becken und schwimmen ihre 500 Meter.
Am Spätnachmittag füllt sich endlich meine Unterkunft auf dem Campingplatz am Seeufer: Mein Schwimmfreund Lars ist angereist. Er war bis gestern bei einer Veranstaltung der International Winter Swimming Association (IWSA) in Asien. Ziemlich verrückt, von China quasi direkt zur WM zu reisen – schwimmverrückt. Lars ist mit seiner schottische Frau Sandy und den gemeinsamen, einjährigen Sohn Finn gekommen. Er wird wohl „nur“ die 1.000 Meter am Freitag schwimmen, einen Lauf vor mir.
17 Uhr, die Endläufe über 100 Rücken – Keaton Jones schwimmt keinen neuen Weltrekord, aber souverän zum Sieg. Und dann der erste echte Höhepunkt dieser WM: die zwei schnellsten Läufe über den halben Kilometer. Alisa Fatum-Böker schwimmt ein kontrolliertes Rennen, ist immer vorn und holt Platz eins in 6:09 Minuten, verfehlt damit ihren eigenen Weltrekord um etwa zwei Sekunden. Weil Alisa in diesem Jahr aber 30 wird, holt sie den Weltrekord in ihrer Altersklasse.
Auch Andreas Waschburger fischt für Deutschland Gold aus dem Becken. Er liegt nach 100 Metern in 1:04 Minuten schon knapp vorn und landet mit 5:41 Minuten wie Alisa schließlich einen souveränen Sieg. Was für ein Tag für das Team Deutschland!
Nützliche Links
Alle Ergebnisse von der Eisschwimm-WM
Instagram-Account von SWIM.DE