Tosende Brandung. Ordentlich Wellen und mächtig Strömung. Dazu geschätzt Windstärke sieben. Ein stürmischer Sommertag auf der Nordseeinsel Pellworm. Zusammen mit Dierk Jensen will ich während der kommenden drei Tage gut einem Dutzend Schwimmerinnen und Schwimmern aus vielen Ecken der Republik zeigen wie das geht: das Kraulen in der Brandung und in den Prielen zwischen Pellworm und Hallig Hooge.
Wir haben unser Swimcamp, das eigentlich vor dem Inseltriathlon stattfinden sollte, nicht abgesagt – trotz Corona. Der Trifun indes ist der Null-Corona-Strategie der Inselverwaltung längst zu Opfer gefallen. Leider, sagen viele Sportler. Dierk und ich sind uns an diesem Tag indes einig: wenn das Wetter so bleibt, dann führen wie lieber niemanden in Versuchung beziehungsweise hinein in die Nordsee. Viel zu gefährlich.
Zum Glück fällt nicht alles wegen Corona aus
Wir beide sind Inselkinder, kennen das Meer seit Jahrzehnten. Dierk ist auf Pellworm aufgewachsen, ich bin einst in Hörnum auf Sylt zur Schule gegangen. Wir sind beide Journalisten und Freiwasserschwimmer, kennengelernt haben wir uns vor gut vier Jahren beim Saarschwimmen. Wir verstehen uns aber wie zwei Typen, die zusammen groß geworden sind. Bald nach unserem ersten Treffen war klar: wir krauen mal gemeinsam von Pellworm nach Hooge. Ist längst abgehakt, dieses Vorhaben. Jetzt stand eigentlich zusätzlich zum Swimcamp Hooge-Langeneß an. Leider verschoben dieser Schwimmausflug, wegen Corona.
Der nächste Morgen auf Pellworm. Petrus hat ein Einsehen. Am Vormittag treffen wir uns mit unseren Swimcamp-Teilnehmern – und müsse erstmal erklären, was alles nicht geht wegen der Pandemie: Techniktraining in der Pelle Welle, dem keinen Hallenbad auf der Insel, zum Beispiel und der Kinobesuch zum Schwimmfilm gucken. Die Damen und Herrn sind völlig entspannt – und dankbar, obwohl wir doch noch gar nichts unternommen haben. Eine Schwimmerin sagt, sie sei ganz glücklich, „weil nicht alles ausfällt, dass Ihr das Camp trotz Corona veranstaltet“. Was für ein schöner Start dieser tollen Tage in Schleswig-Holstein.
Hin und her im offenem Meer
Wenig später stürzen wir uns dann alle bei dem Anleger der Hooger Fähre in die Wellen, die nicht mehr so groß sind wie am Vortag. Ich schwimme vorn, Dierk hinten und in der Mitte kraulen die Teilnehmer. Wir schwimmen zur Treppe ganz außen am Anleger und dann wieder zurück. Manche haben nach ein paar hundert Metern schon genug, andere bleiben viel länger im Wasser und schwimmen mehrmal hin und her. Alle schwimmen aber mit Bojen – sicher ist sicher. Und wir schauen uns im Meer den Schwimmstil der Teilnehmer an, so gut das eben möglich ist. Eigentlich wollten wir Techniktipps lieber am nächsten Tag in der Pelle Welle geben… inklusive Unterwasser-Videoaufnahmen. Machen wir beim nächsten Camp 2021 – falls die Pandemie dann hoffentlich vorbei ist.
Beim Swimcamp erzählen Dierk und ich von unseren (Schwimm)Abenteuern, ich berichte unter anderem von meinem 300-Kilometer-Neckarschwimmen vor fünf Jahren: einen ganzen Fluss in 14 Tagen bezwungen, das Gepäck hinterher gezogen, kein Support. Und von meiner Erst-Umrundung der britischen Insel St. Mary’s. Dierk kennt sich bestens aus mit Ebbe und Flut, er ist Wattführer und weiß wo man wir schwimmen können und wo wir es besser bleiben lassen. Grandios das Kraulen in gewaltigen Prielen mit ordentlich Strömung.
Wiederholung im nächsten Jahr
Doch wir beschäftigen uns längst nicht nur mit dem Thema Schwimmen. Wir machen Yoga. Und wir reden über den Schutz des Unseco-Weltkulturerbes Wattenmeer. Wir treffen Insulaner, zum Beispiel Silke Backsen und diskutieren. Sie und ihre Familie haben die Bundesregierung verklagt, weil diese sich nicht an die selbst gesteckten Klimaziele halte. Wir besuchen Hauke Koll von der Inselkäserei, philosophieren über gesunde Nahrungsmittelproduktion. Wir gehen zusammen zum Fisch essen, wir trinken Bier, wir werden Freude.
Unser Swimcamp kommt an, wie schön. Einige Teilnehmer fragen noch während der Tage auf Pellworm ob sie sich schonmal Plätze für das Camp im nächsten Jahr reservieren könnten. Ja, das ist möglich. Dierk und ich planen bereits für 2021 – und vielleicht bieten wir weitere Camps an, womöglich zusätzlich auf einer anderen Insel in der Nordsee.
Mehr Infos zum Swimcamp gibt es hier.