Montag, 20. Januar 2025

„NYAD“ startet mit Jodie Foster und Annette Bening | Open-Water-Szene diskutiert seit 10 Jahren

Vor zehn Jahren schwamm Diana Nyad 177 Kilometer von Kuba nach Florida. Jetzt hat Netflix die unglaubliche Leistung der damals 64-Jährigen und die Story dahinter mit Hollywoodstars verfilmt.

Dawn L Blomgren Diana Nyad erreicht 2013 den Strand von Key West.

Für Diana Nyad war das Schwimmen durch die Floridastraße eine Lebensaufgabe. Nachdem sich ihr Traum von einer Olympiateilnahme nicht erfüllt hatte, war die talentierte Rückenschwimmerin als junge Frau auf die Marathondistanz gewechselt und hatte 1975 unter anderem das 45 Kilometer lange Manhattan Island Swim bewältigt. 1978 unternahm sie ihren ersten Versuch, von Havanna nach Key West zu schwimmen. Fast 42 Stunden lang kraulte die damals 28-Jährige geschützt durch einen Haikäfig durch das Meer, ehe sich ihr Team gezwungen sah, das Schwimmen wegen hoher Wellen abzubrechen.

53 Stunden im Wasser

Es dauerte mehr als 30 Jahre, bis sich Nyad erneut an die Floridastraße wagte. Diesmal wollte sie die enorme Distanz durch gefährliches Gebiet ohne schützenden Haikäfig bewältigen. Nach drei missglückten Versuchen in den Jahren 2011 und 2012 hatte sie vom 31. August bis 2. September 2013 im Alter von 64 Jahren ihren großen Auftritt. Die Bilder der vom Salzwasser völlig aufgedunsenen Nyad, die nach 53 Stunden unter dem Jubel der Zuschauer den Smathers Beach in Key West erreicht, gingen damals um die Welt. Die Distanz von 177 Kilometern gilt bis heute als eines der längsten Nonstop-Schwimmen der Welt. Nyad, schon vor dem Schwimmen in den USA keine Unbekannte, wurde durch die Aktion zu einem Celebrity. Sie trat in Talkshows auf und tanzte bei Dancing with the Stars.

Der Netflix-Film „NYAD“ startet heute bei dem Streaminganbieter (Trailer unten). Die Hauptrolle übernahm Hollywoodstar Annette Bening, die bereits dreimal für den Oscar als beste Hauptdarstellerin nominiert war (American Beauty 2000, Being Juli 2005 und The Kids Are All Right 2011). Als Nyads Trainerin und beste Freundin Bonnie Stoll ist die zweifache Oscarpreisträgerin Jodie Foster zu sehen. Die echte Diana Nyad stattete den Dreharbeiten in der Dominikanischen Republik zusammen mit Stoll einen Besuch ab. Dabei schwammen Nyad und Bening zusammen im Meer.

Netflix Annette Bening und Jodie Foster im Film „NYAD“.

Schwimmen bisher nicht ratifiziert

Keine Rolle in dem Film spielt die Kontroverse, die Nyads Schwimmen in der Open-Water-Community ausgelöst hat. Denn bis heute gibt es keine Organisation, die das Schwimmen offiziell ratifizieren will. 2013 sagte Nyad: „Wir sind fair und blitzsauber über das Ding geschwommen“. Doch schon wenige Tage nach dem Schwimmen kamen erste Zweifel auf. Die New York Times analysierte die GPS-Daten, woraufhin Kritiker ob des teilweise sehr schnellen und teilweise sehr langsamen Fortschritts vermuteten, Nyad könnte Teil der Strecke auf einem Boot verbracht oder sich zeitweise an Board ausgeruht haben. Diese Vorwürfe sind inzwischen mehr oder weniger vom Tisch, jedoch wird unter anderem die Unabhängigkeit der eher unerfahrenen Oberserver, die das Schwimmen damals beobachteten, hinterfragt.

Dawn L Blomgren Diana Nyad in ihrem Element.

Ganz allgemein wird Nyad vorgeworfen, dass sie trotz jahrzehntelanger Erfahrung im Marathonschwimmen keine klaren Regeln für ihr Schwimmen auf- und keine optimale Dokumentation sicherstellte. Auch deshalb hat die World Open Water Swimming Association (WOWSA) Nyads Antrag auf Ratifizierung zweimal abgelehnt. Über die Hintergründe veröffentlichte die WOWSA 2022 einen sehr umfangreichen Report. Bei der Bekanntgabe des aktuellen Films gab die Organisation zudem ein Statement heraus, indem die Kontroverse noch einmal zusammengefasst wird. Der Titel: „Nyad auf Netflix: Das Schwimmen, der Skandal, die Stille“. Diana Nyad hat stets alle Vorwürfe zurückgewiesen und beteiligt sich seit geraumer Zeit gar nicht mehr an den Diskussionen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Website nyadfactcheck.com, die sich mit dem Wahrheitsgehalt zahlreicher Aussagen Nyads über ihre eigene sportliche Vergangenheit auseinandersetzt.

Mit oder ohne Unterstützung?

Inzwischen hat sich die Debatte verlagert. Am tatsächlichen Nonstop-Schwimmen zweifelt heute kaum noch jemand, jedoch wird in der Szene die Frage diskutiert, inwieweit Nyads Schwimmen als „unterstützt“ gewertet werden muss. So gelten beispielsweise im Ärmelkanal strenge Regeln für „unassisted“ Schwimmen. Dazu zählt unter anderem, dass nur einfache Schwimmtextilien getragen werden dürfen und ein Begleitboot zu keinem Zeitpunkt berührt werden darf. Nyad selbst sagte, dass sie zeitweise einen Anzug trug, der sie vor gefährlichen Quallen schützen sollte. Dies sei eine Frage von Leben und Tod gewesen. Ob ihr beim An- und Ausziehen des Anzugs geholfen und sie dabei von Crewmitglieder berührt wurde, ist nicht ganz klar. Beides wäre für Puristen ebenfalls ein No-Go. Jedoch gibt es bisher weder universelle Vorschriften für Soloschwimmen noch einen anerkannten Dachverband für das Marathonschwimmen. Nach welchen Regeln geschwommen wird, legen die jeweiligen Organisationen fest, die in bestimmten Gebieten operieren (sofern es überhaupt eine gibt). Und selbst dabei gibt es kleine, aber feine Unterschiede. So gelten beispielsweise bei den beiden Ärmelkanal-Organisationen Channel Swimming Association (CSA) und Channel Swimming & Piloting Federation (CS & PF) unterschiedliche Regeln für die Länge der Schwimmanzüge.

Dawn L Blomgren Nach 53 Stunden steigt Diana Nyad am 2. September 2013 aus dem Wasser.

Die Leistung bleibt

Ob ein Schwimmen als „assisted“ oder „unassisted“ gewertet wird, ist in der Open-Water-Community von enormer Bedeutung und spielt auch in Nyads Fall eine wesentliche Rolle. Denn vor der New Yorkerin schwammen mit Walter Poenisch (1978) und Susie Maroney (1997) bereits zwei Menschen durch die Floridastraße. Beide nutzten dabei einen Haikäfig, dem eine gewisse Sogwirkung nachgesagt wird. Poenisch trug zudem Flossen und ruhte sich gelegentlich auf einem Boot aus. Beide Schwimmen gelten unzweifelhaft als „assisted“. Erhält nun auch Nyads Schwimmen dieses Label, wäre sie „nur“ der dritte Mensch, der die Strecke Kuba-Florida mit Unterstützung geschwommen wäre und nicht der Erste, der es ohne Unterstützung geschafft hätte. Dass ihr Schwimmen womöglich weniger „assisted“ war, spielt in der Wahrnehmung keine Rolle, da es in dieser Frage bisher keine weitere Differenzierung gibt.

Wie auch immer man zu den Diskussionen stehen mag, sollte die herausragende sportliche und mentale Leistung von Diana Nyad nicht vergessen werden. Ob mit oder ohne Spezialanzug ist sie länger als zwei Tage und insgesamt 177 Kilometer am Stück geschwommen. Die Logistik, die jahrelange Vorbereitung und die körperlichen Strapazen dürften immens gewesen sein. Schwimm-Fans können sich daher auf den Film freuen. Wann kommt es schon mal vor, dass sich eine so große Produktion mit Star-Schauspielerinnen unserem Sport annimmt.


So beschreibt Netflix den Film: „NYAD ist eine bemerkenswerte, wahre Geschichte über Beharrlichkeit, Freundschaft und den Triumph des menschlichen Geistes. Der Film handelt von einer fesselnden Episode im Leben der Weltklassesportlerin Diana Nyad. Drei Jahrzehnte, nachdem sie das Langstreckenschwimmen für eine erfolgreiche Karriere als Sportjournalistin an den Nagel gehängt hatte, setzte sich die damals 60-jährige Nyad (gespielt von der vierfachen Oscar-Kandidatin Annette Bening) in den Kopf, den Meilenstein zu erreichen, der ihr noch fehlte: die scheinbar unbezwingbare Strecke von 177 Kilometern zwischen Kuba und Florida – und zwar als erster Mensch ohne Haikäfig. Also begab sie sich mit ihrer besten Freundin und Trainerin Bonnie Stoll (gespielt von der zweifachen Oscar-Preisträgerin Jodie Foster) und einem engagierten Segelteam auf eine nervenaufreibende Odyssee, die vier Jahre dauern sollte.“

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Peter Jacob
Peter Jacob
Mit sechs hieß es für den kleinen Peter schwimmen lernen - falls er mal ins Wasser fällt. Inzwischen ist er groß und schwimmt immer noch jede Woche. Mal mehr, mal weniger, meistens drinnen und manchmal draußen. Und immer mit viel Spaß und Leidenschaft.