Donnerstag, 14. November 2024

Kreative Schwimmer | Training im Gartenteich

Ulf Karnikowski und seine Eltern haben den einstigen Sandkasten im Garten zu einem Teich gemacht. Schon länger her. Jetzt dient diese winzige Wasserfläche – maximale Tiefe 1,30 Meter – als Trainingspool für den Mann aus Großenseebach bei Veitsbronn in Bayern. Die Not macht Wasserraten erfinderisch, in vielen Ecken der Welt übrigens. Karnikowski war bis dato nur einmal in Teich gewesen, bei der Ice Bucket Challenge vor ein paar Jahren. Damals, sagt er und lacht über seinen neuen Trainingspool, „hatte ich mit Eisschwimmen noch nichts am Hut“. Diesen Winter indes ist Karnikowski bei vielen Wettkämpfen im Eiswasser am Start gewesen, unter anderem bei den Weltmeisterschaften im Winterschwimmen Anfang Februar im Bleder See in Slowenien. Damals war die Welt noch nicht aus den Fugen und Corona in den Augen fast aller Europäer ein Problem der Chinesen – und ganz weit weg.

Keine Frage, es gibt größere Problem als dieses: wo kraulen? Männer wie Ulf Karnikowski indes können nicht ohne Schwimmen über die Tage kommen. Deshalb die kuriose Lösung mit dem Gartenteich. Eigentlich, sagt er, sei das Wasser viel zu schmutzig. Aber es hilft ja nichts. „Ich habe einen Gürtel um, an dem ein Seil hängt, das ich quer durch den Garten gespannt habe“. An der einen Seite halte ihn eine etwa 40 Jahre alte Buche, an der anderen die Teppichstange. Zunächst habe sein Vater versucht, ihn zu halten, aber das habe nicht so gut geklappt. Beim Teichtraining wirbele er sehr viel Schlamm auf. Nach dem Schwimmen „rieche ich wie ein Otter“. Er werde den Teich nun sauber machen, eine Durchlaufpumpe bestellen und auf wärmeres Wetter hoffen. Das Wasser habe derzeit rund zehn Grad, das ist für einen waschechten Eisschwimmer zwar kein Problem, aber Karnikowski will auch „längere Einheiten“ schwimmen – im Gartenteich!

Zu zweit im Pool

Miram Schall trainiert zurzeit unter ähnlichen Bedingungen wie Karnikowski – auch befestigt an einem elastischen Seil. Wobei die Frau aus Schwabach-Penzendorf bei Nürnberg in glasklarem Wasser krault. Gleich neben ihrem Wohnhaus steht ein nagelneuer Pool, in dem sie mit einem umfunktionierten Zugseil schwimmt, befestigt entweder am Bauch oder an einem Fuß. Den Pool, sagt Schall, „wollten wir schon immer haben“, aber dank Corona sei die Entscheidung das Bassin jetzt zu kaufen, blitzschnell gefallen. Die Lieferung kam kurz bevor die Kontaktsperren in Kraft getreten sind. Das Wasser habe zurzeit gut zwölf Grad. Ordentliche Trainingsbedingugen für die Frau, die im Juli die Bodenseelängsquerung packen will, etwas 67 Kilometer weit von Bodman bis nach Bregenz. Mit Hilfe des Pools, sagt Schall, „trainiere ich fast identisch weiter“. Sie wohne mit Tochter, deren Freund und Mutter in einem Haus, deshalb finde sich fast immer ein Trainingspartner. Großer Vorteil des Schwimmen am Seil: die Schwimmer bleiben immer auf einer Höhe – auch wenn sie eigentlich unterschiedlich schnell sind.

Angeleint auf der Stelle

Janina Falk aus Wien ist die derzeit stärkste österreichische Paraschwimmerin – und vermisst das Training im Becken. Ihre Familie besitzt seit rund zwei Jahren einen kleinen Pool – bisher sei dieser, so ihre Pflegemutter, „von Janina eher nicht genutzt worden, da sie eigentlich sechsmal in der Woche in einem Schwimmbad im Wasser ist“. Nun indes habe Janina den Minipool für sich entdeckt und schwimmt angeleint auf der Stelle, drei- bis viermal die Woche. Dazu morgens eine Stunde Ergometer, 30 Minuten Dehnübungen und viel Krafttraining.

Kein passendes Gummiband

Kallie Latimer schwimmt eigentlich am liebsten im Freiwasser. Die Frau aus Franklin im US-Staat Massachusetts krault jetzt auch in einem winzigen Pool, den sie sich kürzlich zugelegt hat. Sie sagt, sie habe ihre eigene Kraft wohl unterschätzt, die Gummibänder, die sie im Pool hielten, seien leider nicht stark genug. Sie schwimme ständig gegen die Wand des lediglich drei mal zwei Meter kleinen Beckens. Nur, wenn sie sehr langsam kraule, klappe das Schwimmen – dann indes sei ihr viel zu schnell kalt, das Wasser habe lediglich knapp sechs Grad.

Latimer tüftelt noch. Sie müsse ein Gummiband finden, dass exakt zu ihrer Geschwindigkeit passe. Wird schon noch, sagt sie sinngemäß. Bis vor kurzem hat die Amerikanerin in einem See trainiert, aber die Fahrtzeit betrage eine halbe Stunde. Die Regierung habe alle Bürger gebeten, nicht so weit zu pendeln. Also kam ihr die Idee mit dem Pool und den Gummibändern. Kallie Latimer bereitet sich vor auf einen 25-Meilen-Wettkampf im Juli. Sie ist zuversichtlich, dass sie mit ihrem „Hinterhof-Trainng“ fit bleibt und im Sommer die Mammutdistanz in einer guten Zeit packt. Latimer ist offenkundig sehr optimistisch und geht davon aus, dass die Corona-Pandemie in vier Monaten Geschichte ist.

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Martin Tschepe
Martin Tschepehttp://www.bahn9.de/
Martin Tschepe ist freier Autor, Swimguide, Freiwasser- und Eisschwimmer des SV Ludwigsburg.

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