Bereits vor Corona haben die DLRG und die Schwimmverbände gewarnt: Deutschland drohe zu einem Nichtschwimmer-Land zu werden, denn es gibt viel zu wenig Bäder. Gut die Hälfte aller Viertklässler könne gar nicht oder nicht sicher schwimmen. Corona wirkt da wie ein Brandbeschleuniger. Es droht eine Nichtschwimmer-Jahrgang.
In vielen Ecken der Republik machen sich die Schwimmvereine Gedanken über die Zukunft ihres Sports. In Ludwigsburg zum Beispiel will der Traditionsclub SV Ludwigsburg jetzt mit der Stadt über eine schnelle Eröffnung des Freibads verhandeln. Auch, weil abzusehen sei, dass die Hallenbäder wegen Corona länger zu bleiben.
Entspannt schwimmen im Sommer 2020
Die Stadt möge zeitnahe, spätestens im März, anknüpfen an das Prozedere im Sommer 2020. Für die Vereinsmitglieder habe die Online-Ticketbuchung für das Freibad klasse funktioniert – auch dank der guten Kooperation mit der Stadt Ludwigsburg beziehungsweise mit den Stadtwerken. Viele Ludwigsburger sagten, sie seien noch nie so entspannt schwimmen gewesen wie im Sommer 2020 – weil die Bahnen meistens frei waren, ganz anders als gewohnt. Die Mitglieder des SVL bezahlen generell keinen Eintritt, wenn sie im Freibad schwimmen wollen. Vermutlich ist der Club deshalb auch im Pandemiejahr gewachsen, gegen den Trend. Die Zahl der Mitglieder ist um rund 100 auf deutlich über 1.000 angewachsen.
Für das zweite Corona-Jahr hat der SVL jetzt Ideen präsentiert, die die Stadt Ludwigsburg herausfordern, weil neue Wege eingeschlagen werden müssten. Klar, noch gelten die strikten Lockdown-Regeln. Aber der Verein, die Stadtwerke und die Kommune sollten jetzt Konzepte für den Tag X erarbeiten, so der Verein. Sobald die Regelungen es zulassen, die Bäder in Deutschland wieder zu öffnen, sollte das Freibad betriebsbereit sein und umgehend öffnen.
Es fehlen Wasserzeiten
Der SVL wünscht sich und allen Schwimmern in der Region Ludwigsburg zudem für diesen Herbst und den Winter eine Traglufthalle für das 50-Meter-Becken und das 25-Meter-Becken des Freibads. Denn ganz abgesehen von Corona: In Ludwigsburg fehlen ohnehin Wasserzeiten für die Schulen und die Vereine. In manchen Nachbarkommunen sieht es noch schlechter aus, heißt es aus dem Club. Das Projekt Traglufthalle biete große Möglichkeiten. Der SVL appelliert an die Kommunen im Landkreis Ludwigsburg, sich am interkommunalen Projekt Traglufthalle zu beteiligen. Gemeinsam sollte das Projekt zu finanzieren sein. Vor der Pandemie hatten einige Städte konkrete Neubaupläne, zum Beispiel die Ludwigsburger Nachbarstadt Bietigheim-Bissingen. Dieses Projekt liegt nun aus Kostengründen auf Eis. Eine Traglufthalle wäre im Vergleich zum Neubau eines Schwimmbades deutlich günstiger. Der SVL, sagt der Vizepräsident des Vereins, Matthias Nagel, stehe bereit, sich am Betreib eines solchen Ganzjahres-Freibads für die ganze Region mit seinem Fachwissen und seinen Mitarbeitern zu beteiligen.
Der 1908 gegründete SVL sei schon immer Impuls- und Ideengeber gewesen, wenn es darum ging, den Schwimmsport in der Barockstadt und im Umland voran zu bringen. Der Verein hat 1909 das kleine Seibertsche Neckarbad gekauft. 1920 haben Clubmitglieder eine 50-Meter-Bahn im Neckar angelegt. 1921 hat erstmal das Nationale Neckarschwimmfest des SVL stattgefunden. 1931 wurde ein Freibad mit einem 33,3-Meter-Becken gebaut. 1954 wurde im vereinseigenen Freibad am Neckar die 50-Meter-Bahn angelegt. In den 50er- und 60er-Jahren gehörten die Ludwigsburger Wasserballer zur nationalen Spitze. So wie heute wieder. Die erste Mannschaft tritt in der höchsten Spielklasse in Deutschland an und hat Großes vor. Ziel sei es, spätestens in fünf Jahren um den Titel mitzuspielen, sagt der Team-Manager Adrijan Jakovcev. Für Heimspiele gibt es in Ludwigsburg im Winter aber kein Becken, das alle Anforderungen der Verbände erfüllt. Auch die Bundesliga-Wasserballer brauchen eine Perspektive, wie alle Schwimmer im Raum Ludwigsburg.