Frontalwiderstand, Verwirbelungen und andere Widerstandsformen machen die Fortbewegung im Wasser nicht einfach. Deshalb braucht es neben Ausdauer vor allem Kraft, um den eigenen Körper dorthin zu bewegen, wo sich ja eigentlich schon das Wasser befindet. Fortbewegung im Wasser ist deshalb stets eine Konfrontation mit Widerständen. Das spüren Sie besonders gut, wenn Sie sich einmal vom Beckenrand abstoßen. Anstatt bis zum Beckenende zu gleiten, ist Ihre Geschwindigkeit bereits nach fünf bis zehn Metern nahezu komplett abgebremst. Das Gleiten im Wasser ist für den menschlichen Körper demzufolge eine sehr diffizile Angelegenheit.
Overload-Training
Es gibt aber auch Möglichkeiten, das Thema Widerstand als Trainingsmittel ganz bewusst einzusetzen. Man spricht dann auch von einem Overload-Training, also das Training unter erschwerten Bedingungen. Das kann das Schwimmen mit zusätzlichen Kleidungsstücken wie Boardershorts, T-Shirts oder ähnlichen Dingen sein. Das kann aber auch das Schwimmen im Stehen sein. Das auch als angebundenes Schwimmen genannte Training am Seil kann Ihnen völlig neue Möglichkeiten eröffnen. Besonders auch dann, wenn Sie auf überfüllten Trainingsbahnen trainieren, sich zu viele Sportler auf einer Bahn befinden oder wenn sonstige Platznöte das Training erschweren. Eine echte Chance also!
Eine andere Möglichkeit ist das Schwimmen mit einem sogenannten Bremsschirm, der mittels einer vergrößerten Fläche, die man hinter sich her zieht, zu einer Erhöhung des Widerstands führt. Griechische Wissenschaftler haben die Effektivität des Trainings mit Bremsschirm in einem elfwöchigen Test untersucht. Die 2017 in der Zeitschrift Journal of Strength and Conditioning Reasearch veröffentlichte Studie zeigte erstaunliche Ergebnisse.

Studie mit Bremsschirm
Dabei wurden zwölf jugendliche Schwimmerinnen in zwei Gruppen eingeteilt. Beide Gruppen absolvierten ein identisches Trainingsprogramm, mit dem einzigen Unterscheidungsmerkmal, dass eine Gruppe das jeweils angeordnete Sprinttraining mit dem Bremsschirm als zusätzlichen Widerstand absolvierte. Nach der fast dreimonatigen Periode wurden Tests über 50, 100 und 200 Meter Kraul absolviert. Das Ergebnis sprach eindeutig für das modifizierte Sprinttraining. Die Leistung in der Bremsschirm-Gruppe stieg im Bereich von 3,22 bis 7,26 Prozent gegenüber dem Ausgangswert. Die Trainingsgruppe mit dem herkömmlichen Sprinttraining verbesserte die Leistungen zwar auch leicht, jedoch nicht signifikant.
Gehen Sie deshalb ruhig ab und zu neue Wege im Training. Das Training mit erhöhten Widerständen scheint sich der Untersuchung zufolge besonders bei hohen Intensitäten und auf kurzen Strecken positiv auszuwirken. Das korrespondiert mit Erfahrungen zum Training mit Paddles. Auch hier sollten die größeren Handpaddles besonders auf kurzen Strecken mit hohen Tempovorgaben genutzt werden. Vor allem dann nämlich kann der Schwimmer kraftvoll gegen den Widerstand arbeiten. Werden die Strecken zu lang, leidet die technische Ausführung wegen der schwindenden spezifischen Kräfte und des immer langsamer werdenden Zuges. Hauptaufgabe beim Training mit erhöhten Widerständen, ist die bestmögliche technische Ausführung. Dann holen Sie das Beste aus dieser Trainingsform für sich heraus!
Holger Lüning (50) ist Sportwissenschaftler und Schwimmtrainer mit über 25 Jahren Erfahrung im Hochleistungssport. Er schwamm er in der Bundesligamannschaft des EOSC Offenbach und gewann im Masterbereich zahlreiche Meistertitel.