Freitag, 29. März 2024
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Spezifisch trainieren in jedem Alter – Teil 1

Entweder kennen Sie die Situation bereits oder Sie werden früher oder später damit konfrontiert: stagnierende Leistungen! Ab einem gewissen Lebensalter sind die Prozesse nämlich nicht mehr nur anaboler, also aufbauender Natur, sondern eher katabol, das heißt abbauend und wirken damit tendenziell leistungsmindernd.

Produktion gedrosselt

Wissenschaftler haben längst bewiesen, wie stark besonders im hormonellen Bereich die Produktion nach und nach gedrosselt wird. Der Ausstoß körpereigener anaboler Hormone wie Testosteron lässt sukzessive nach und hinterlässt seine Spuren. So schwindet als ein Zeichen des Alterungsprozesses die Maximalkraft statistisch betrachtet um jährlich 0,5 Prozent ab dem 30. Lebensjahr. Meistens nur im Kleingedruckten solcher Pauschalaussagen steht dann „sofern man nichts dagegen tut“. Das könnte der entscheidende Zusatz für Sie sein!

Mit diesem Hinweis kommt man dem Geheimnis der Konservierung sportlicher Leistungsfähigkeit oder sogar ihrer Verbesserung schließlich ein gutes Stück näher. Dabei hilft es, sich zunächst einmal die geänderten Lebensumstände in diesen Altersbereichen anzuschauen, die man als Mastersschwimmer erlebt. Die Organisation des Lebens hat sich seit den Jugendzeiten doch erheblich geändert.

Tipp: Trockentraining

Trainieren Sie regelmäßig! Die Qualität Ihrer Rumpfmuskulatur wird mehr und mehr zu einem leistungsentscheidenden Faktor. Übungen mit dem eigenen Körpergewicht eignen sich hervorragend für das Training am Beckenrand.

Da tauchen zwangsläufig Fragen auf wie „Kann man dann überhaupt noch so trainieren, wie man das früher einmal getan hat?“ Oder muss man sein Training im fortschreitenden Alter anpassen anstatt zu versuchen, die Serien von früher immer und immer wieder aus der Schublade zu holen? Muss der Mastersschwimmer nicht vielleicht sogar noch spezifischer trainieren als der junge Schwimmer?

Studien sind Mangelware

In der Trainingswissenschaft jedenfalls hat die Sportlergruppe der ambitionierten Ü30- und „weit darüber hinaus“-Sportler noch wenig Bedeutung. Da sich umfangreiche Untersuchungen an dieser Gruppierung sehr schlecht durchführen lassen, sind trainingswissenschaftliche Studien schlicht Mangelware. Und dies führt dazu, dass man allgemein gültige Trainingsprinzipien auch auf ältere Menschen umzulegen versucht. Ist das legitim?

„Du wirst eben älter und musst dieser Tatsache ins Auge blicken!“ Haben Sie diesen Satz auch schon mal gehört? Meist völlig aus dem Zusammenhang gerissen und ganz selten versteckt sich dahinter ein gut gemeinter Rat. Denn wer kennt sich denn wirklich aus mit der so seltenen Spezies Mensch mittleren oder höheren Alters, der dreimal oder sogar noch häufiger pro Woche engagiert und leistungsorientiert Sport treibt, also zielgerichtet trainiert?

Intervalle wie früher?

Könnten die genannten Parolen sogar dazu führen, dass der katabole Prozess gar nicht im Organismus, sondern im Kopf seinen Ursprung hat? Nämlich dann, wenn man zusätzlich bemerkt, wie die harten Serien von früher einem nicht mehr so leicht von der Hand gehen und die Zeiten schlechter werden? Ist man dann immer noch gewillt, so wie früher, noch einen Intervall mehr zu schwimmen, um sich nochmals deutlich aus der Komfortzone heraus zu katapultieren? Genau dann ist es an der Zeit, das Training anzupassen.

Gelingt dies nicht, könnte eine Kettenreaktion in Gang gesetzt werden, die den Abbau der Leistungsfähigkeit fördert. Nämlich dann, wenn man tendenziell eher defensiv agiert und die Intervallserien beispielsweise so strukturiert, dass man sie noch „ansehnlich“ absolvieren kann. Dann dreht man die Stellschrauben wie Pausenlänge, Intervall-Anzahl, Intensität oder Art der Ausführung einfach etwas herab. Und plötzlich, ganz still und heimlich, werden Trainingsinhalte, die einen früher einmal zu einem wirklich guten Schwimmer gemacht haben, aus dem Plan gestrichen. Ein sehr gutes Beispiel dafür ist das Training der Beinarbeit!

Für eine gute Wasserlage

Die Beinarbeit im Schwimmen dient ja nicht nur dem Vortrieb, sondern, und das ist mindestens ebenso so wichtig, der Sicherung einer guten Wasserlage. Hält Ihre Rumpf- und Beinkraft mit der Ihrer Arme nicht mit, erzeugen Sie allein schon durch die abfallenden unteren Extremitäten einen solch hohen Wasserwiderstand, dass das Schwimmtempo dadurch erheblich gestört wird. Ist dies erst einmal der Fall, verringert sich die Zugkraft der Arme deutlich früher, weil der Anteil an der Gesamtleistung steigt. Das Ergebnis: Dort, wo eine gute Beinarbeit die Aufrechterhaltung der Bewegungsfrequenz der Arme unterstützt und gesichert hat, werden die Arme schwer. Häufig liegt die Ursache also gart nicht immer dort, wo sie sichtbar wird.  

Tipp: Beinarbeit

Platzieren Sie regelmäßig Beinarbeitsserien in Ihr Programm. Konzentrieren Sie sich dabei auf intensive Intervallserien wie 4-8×50 Meter mit 30 Sekunden Pause oder 8×25 Meter in hohem Tempo. Schwimmen Sie diese Serien auch ab und zu am Ende der Trainingseinheit!

Gehen Sie wieder die unbequemen Wege im Training! Tun Sie das aber so, dass Sie Spaß daran haben und es nicht als Belastung empfinden. Denn natürlich sieht Ihr persönliches Umfeld aus den verschiedensten Verpflichtungen beruflicher und privater Natur anders aus als früher. Genau diese Umstände erzwingen aber auch ein Umdenken in der Trainingsorganisation. Umso mehr dürfen und sollen Sie Freude am Sport zusammen mit dem Leistungsgedanken auch in höherem Lebens- und Sportleralter aufrechterhalten. Justieren Sie sich einfach neu!

Holger Lüning
Holger Lüninghttps://holgerluening.de/
Holger Lüning ist Sportwissenschaftler und Schwimmtrainer mit rund 30 Jahren Erfahrung im Hochleistungssport. Er schwamm er in der Bundesligamannschaft des EOSC Offenbach und gewann im Masterbereich zahlreiche Meistertitel.

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