Mittwoch, 27. März 2024
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Abschlagschwimmen: Risiken und Nebenwirkungen

Schwimmen ist eine Lifetime-Sportart! Das Schweben in der Quasi-Schwerelosigkeit gilt seit jeher als wichtige Entlastung des Bewegungsapparats bei gleichzeitiger Stärkung des selben. Eine schlagkräftige Kombination für jedes Alter. Tatsächlich erlaubt uns der Aufenthalt im Wasser und die Reduktion des eigenen Körpergewichts auf ungefähr zehn Prozent dessen was wir an Land wiegen, enorme Freiheiten. So können wir uns drehen und rollen, wir können tauchen und springen – und im Prinzip jede Körperlage einnehmen, die wir uns wünschen.

Grenzenlose Freiheit

Diese fast grenzenlose Freiheit hat aber auch einen Haken. Immer dort, wo es fast maßlose Freiheiten gibt, ist das Chaos nicht weit. Und das trifft auf das Schwimmen besonders deshalb zu, weil wir kaum in der Lage sind, die eigenen Bewegungen zu beobachten, zu bewerten und zielgerichtet zu korrigieren. Das Schweben im Wasser ist somit Fluch und Segen zugleich – vor allem dann, wenn man es sich zum Ziel gesetzt hat, möglichst schnell und effektiv durch das Wasser zu pflügen. Deshalb haben sich technische Übungen als ein wichtiges Trainingsmittel etabliert.

Technikübungen (TÜ) eignen sich, um die Sensibilität für das Fassen des Wassers, die eigene Koordination, das Gefühl für die Stellung der einzelnen Körperteile und Antriebsflächen zu verbessern, um damit die Schwimmtechnik nach und nach zu verfeinern. Doch muss man neben all diesen positiven Aspekten auch konstatierten: Allein die Durchführung von Technikübungen garantiert noch keine Technikverbesserung.

Keine zwangsläufig Verbesserung

Ein sehr prominentes Beispiel ist das Abschlagschwimmen. Das Abschlagschwimmen, also das stark verzögerte Ziehen mit einer Verlängerung der Gleitphase beim Kraulschwimmen, ist eine Basisübung, die sich im Repertoire eines jeden sportlichen Schwimmers befindet. Doch auch hier gilt: Das alleinige Durchführen dieser Übung garantiert nicht zwangsläufig eine technische Verbesserung in der Gesamtlage.

Rod Havriluk, Präsident von Swimming Technology Research, mahnt zur Vorsicht. Das Abschlagschwimmen wäre ein denkbar schlechtes Modell für einen technisch guten Schwimmstil. Würde man diese Übung nämlich zu häufig durchführen, bestünde die Gefahr, das verlangsamte Zugmuster mit dem überbetont langen Liegenlassen des gestreckten Arms, in die normale Schwimmtechnik zu übernehmen. Eine Verführung, die besonders auf Einsteiger und Hobbyschwimmer lauert.

Lücke in der Tempoentwicklung

Havriluk begründet seine Annahme damit, dass es bei einem zu langen Warten des Zugbeginns immer zu einem Geschwindigkeitsabfall käme. Der Versuch, übermäßig zu gleiten führe demzufolge immer zu einer „Lücke“ in der Tempoentwicklung, die zwar kaum mit dem Auge wahrnehmbar, aber dennoch klar messbar wäre. Anzustreben sei jedoch eine möglichst ausgeglichene Antriebsleistung mit wenigen Tempounterschieden, so der frühere Coach.

Dosieren Sie deshalb besonders diese Technikübung in gesundem Maße. Auch wenn das Abschlagschwimmen eine sehr gute Möglichkeit ist, die Technik und die Wasserlage gleichermaßen gut kontrollieren zu können. Das angestrebte Ziel ist es immer, eine möglichst effektive Schwimmtechnik zu realisieren. Und Effektivität wird besonders auch durch die an individuellen Möglichkeiten und der Länge der Wettkampfstrecke sich orientierende Bewegungsfrequenz bestimmt. Ziehen Sie also zu langsam beziheungsweise warten Sie in der Streckhaltung der Arme zu lange mit dem Start des darauffolgenden Zugs, verlieren Sie Tempo.

Variationen zum Abschlagschwimmen

  • Schwimmen Sie diese Übung als Spurt.
  • Schwimmen Sie diese Übung auch mal in Zeitlupe.
  • Schwimmen Sie diese Übung mit Kurzflossen.
  • Schwimmen Sie diese Übung mit Fingerpaddles
  • Schwimmen Sie diese Übung mit Handpaddles
  • Schwimmen Sie diese Übung mit Faust.
  • Schwimmen Sie diese Übung mit betonter Beinarbeit.
  • Schwimmen Sie diese Übung mit Schwimmerschnorchel.

Die Variation der Technikübung gibt Ihnen einen guten Aufschluss darüber, wie mühsam das Schwimmen im Abschlagrhythmus sein kann. Schwimmen Sie einfach mal kurze 25-Meter-Strecken im Modus „Spurt“. Dabei sind Sie durch das „Abschlagen“ der Hände immer noch an eine niedrige Frequenz gebunden und müssen demzufolge das Tempo aus einer sehr kraftvollen Unterwasserphase generieren. Schon nach wenigen Wiederholungen spüren Sie, wie kraftintensiv die niedrige Frequenz sein kann. Es gilt also auch hier, die Aufgaben zu variieren, um zu verhindern, in eine Bewegungsroutine zu verfallen.

Holger Lüning
Holger Lüninghttps://holgerluening.de/
Holger Lüning ist Sportwissenschaftler und Schwimmtrainer mit rund 30 Jahren Erfahrung im Hochleistungssport. Er schwamm er in der Bundesligamannschaft des EOSC Offenbach und gewann im Masterbereich zahlreiche Meistertitel.
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