Mittwoch, 24. April 2024

München | Schwimmen wie vor 120 Jahren

München hat die Olympia-Schwimmhalle von 1972 und­ das beliebte Dante-Freibad. Doch wer als Besucher das Besondere sucht, geht ins Müller’sche Volksbad.

Stadtwerke München

Es ist das Schmuckstück unter den 15 öffentlichen Bädern der Stadt und bald 120 Jahre alt. Das Müller’sche Volksbad in München-­Haidhausen hat zwei Kriege überstanden und zählt heute zu den schönsten und ältesten Jugendstilbädern Deutschlands. Wer in der Badeanstalt längs der Isar seine Bahnen zieht, erlebt Badkultur im ursprünglichsten Sinn und schwimmt sprichwörtlich in Geschichte. Dank liebevoller Kleinarbeit wird das Schwimmbad mit seinen prunkvollen Ornamenten bis heute in nahezu allen Details originalgetreu erhalten. Nur die Technik wurde modernisiert. Nirgendwo sonst in München lässt es sich so stilvoll baden und saunieren. Wer als Schwimmerin oder Schwimmer nach München kommt, sollte das Volksbad unbedingt einmal erleben.

Eine Spende mit Auflage

Schon der Name mit dem extravaganten ‘sche klingt nach einer längst vergangenen Epoche. Als die Bauarbeiten 1897 begannen, steckte Deutschland in der Hochzeit der Industrialisierung. Immer mehr Menschen zog es in die Städte, nach und nach erkämpften sich die Arbeiter mehr Rechte und zumindest etwas freie Zeit. Gleichzeitig wurden Sauberkeit und Hygiene in der Gesellschaft wichtiger. Mit dem Bau des Bades folgte München schließlich dem Vorbild anderer Großstädte wie Berlin, Hamburg, Köln, Düsseldorf oder Frankfurt. Diese ermöglichten ihren Bürgern bereits das Waschen, Baden und Schwimmen nicht mehr nur im Freien, sondern auch in überdachten Schwimmanstalten. Der Architekt des Müller‘schen Volksbads, Karl Hocheder, notierte damals in der Deutschen Bauzeitung: „Mit dem Besitz dieser groß angelegten Badeanstalt schließt sich München einer Reihe von deutschen Städten an, in denen solche dem Volkswohle dienende Badeanstalten größeren oder geringeren Umfangs bereits existieren.“


Müller’sches Volksbad

Öffnungszeiten: 7.30 bis 23 Uhr (Mo. bis 17 Uhr)
Frauenbadetag: Di. 15 bis 20 Uhr
Eintritt Erwachsene: 5,50 Euro
Eintritt Kinder: 3,80 Euro
Historisches Brausebad: ­2,50 Euro (30 Minuten)
Historisches Wannenbad: 4,00 Euro (45 Minuten)


Das Geld dafür kam jedoch nicht von der Stadt. Ein wohlhabender Münchner, der Ingenieur Karl Müller, spendete den nötigen Betrag mit der Auflage, ein Schwimmanstalt für das unbemittelte Volk zu errichten. Als das Bad am 1. Mai 1901 im Beisein des Prinzregenten ­Luitpold von Bayern eröffnete, war es nicht nur das erste öffentliche Hallenbad der Stadt, sondern das größte und teuerste Schwimmbad der Welt.

Damen- und Herrenhalle

Wer das Müller‘sche Volksbad heute zum Trainieren besucht, gesellt sich am besten auf die abgesperrten Bahnen des ehemaligen Herrenbads. Dort geht es im Kreisverkehr gemächlich hin und her, wobei sich Kraul-, Brust- und Rückenschwimmer den Platz teilen. Optimale Trainingsbedingungen erwartet in dem 31 Meter langen Becken, an dessen Ende ein prächtiger Brunnen steht, niemand. Besser erfreut man sich beim Schwimmen auf dem Rücken an der hohen Kuppel über dem Kopf und der für Bäder im Jugendstil typischen Galerie im ersten Stock. Wer mag, kann sich hier gegen Aufpreis seine persönliche Einzelkabine reservieren. 

Während es für Architekt Hocheder noch galt, „für die Grundrissgestaltung vor allem darauf Rücksicht zu nehmen, gleich von der Kasse ab die Trennung der Geschlechter durchzuführen“, ist diese Trennung seit 1989 die meiste Zeit auf die Umkleideräume beschränkt. Nur einmal in der Woche, am Frauenbadetag, wird die ehemalige Damenhalle ihrer ursprünglichen Bestimmung noch gerecht. Dann haben in der kleinen Halle mit dem 18 Meter langen Becken ausschließlich Frauen Zutritt und es wird weibliches Personal eingesetzt.

Peter Jacob
Peter Jacob
Mit sechs hieß es für den kleinen Peter schwimmen lernen - falls er mal ins Wasser fällt. Inzwischen ist er groß und schwimmt immer noch jede Woche. Mal mehr, mal weniger, meistens drinnen und manchmal draußen. Und immer mit viel Spaß und Leidenschaft.

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