Samstag, 20. April 2024

6 Trainingstipps bei wenig Zeit und Platz

Mit vielen unterschiedlich schnellen Schwimmern auf einer Bahn zu trainieren, führt häufig zu Frust und Unzufriedenheit. Oft passiert es dann, dass der entwickelte Trainingsplan nicht realisiert werden kann, weil entweder der Umfang nicht für alle passt oder die Pausen nicht eingehalten werden können. Häufige Überholmanöver verstärken die für alle unbefriedigende Situation.

An den Umständen lässt sich meist wenig ändern, leichter lassen sich stattdessen die Inhalte an die Trainingsgruppe anpassen. Vielleicht gelingt es Ihnen ja sogar, die Situation als Chance zu sehen, kreativ mit den Möglichkeiten umzugehen. Kurze Strecken unter erschwerten Bedingungen, sogenanntes Overload-Training, können Ihnen beispielsweise einen ganz neuen Intensitätsreiz bieten. Doch auch in der Gruppe gibt es einige „Spielarten“, die aus scheinbar mangelhaften Bedingungen ganz neue Methodiken entstehen lassen. Probieren Sie es mit diesen Ideen und entwickeln Sie daraus, Ihr persönliches Set-Up für ein effektives Training.

Tipp 1: Kurze Strecken mit Overload

Bei Platznot wie auch bei großen Leistungsunterschieden innerhalb einer Trainingsgruppe kann man mit kurzen Intervallen vielen Ansprüchen gerecht werden. Auch wenn der Gesamtumfang nicht sehr hoch ist, lässt sich die Belastungen doch verhältnismäßig gut steuern. So können für stärkere Schwimmer zusätzliche Atemaufgaben integriert oder das Training mit Widerständen (T-Shirt, Boardershorts), aufgepeppt werden. Auch tendenziell nicht so schnelle Schwimmern halten dann gut mit.

Beispielserie: 8 x 50 m Hauptschwimmart mit zusätzlichen Widerständen, Pause: 20 s oder wenn der letzte Schwimmer angeschlagen hat

Tipp 2: Aufteilung Drinnen und Draußen

Training muss nicht zwangsläufig im Wasser stattfinden. Das wissen Sie natürlich. Und doch kann besonders der stete Wechsel zwischen Wasser- und Trockentraining die Einheiten enorm abwechslungsreich machen. Teilen Sie die Trainingsgruppe auf die verschiedenen Stationen auf, um die Platznot auf der Wasserfläche zu entzerren. Schon haben Sie die Möglichkeit, sehr punktuelle Trainingsreize zu platzieren, die sonst vielleicht sogar eher zu wenig beachtet werden. Ein kleines Kräftigungs- oder Athletikprogramm an Land, während der andere Teil der Gruppe im Wasser trainiert, kann alles berücksichtigen, was man benötigt, um ein besserer Schwimmer zu werden.

Beispielserie: 10 x 50 m: 25 m Sprint vom Startblock + 25 m locker, Pause: 30 s oder bis der letzte Schwimmer angeschlagen hat. Trockenzirkel mit 3 x 12 Züge am Zugseil + 3 x 20 Crunches + 3 x 12 Liegestütz + 6 Strecksprünge

Tipp 3: Qualität durch anaerobes Wechselschwimmen

Intensive und sehr wettkampfnahe Trainingsmethoden besitzen vor allem ein Charakteristikum: lange Pausen! Dieses Prinzip können Sie sich gerade bei hoher Personenzahl pro Bahn zunutze machen. Während sich ein Teil der Gruppe an Land ausruht oder rücksichtsvoll locker schwimmt, kann der andere Teil seinen Trainingspart abwickeln. Damit lässt sich die Intensität anheben und auch bei mangelhaften Möglichkeiten ein sehr effektives Training realisieren.

Beispielserie: 3 x (4 x 50 m) Wettkampf-Simulation vom Startblock in mehreren Gruppen, Pause: 2-3 Minuten; Serienpause: 200 m locker

Tipp 4: Vorarbeit an Land

Nur 60 Minuten Wassertraining oder noch weniger? Dann liegt Ihre Chance vor allem in der Vorarbeit an Land. Prüfen Sie, ob Sie nicht schon vorher in die Trainingshalle gehen dürfen. Bauen Sie sich einen Athletikzirkel auf, der alle relevanten Muskelgruppen berücksichtigt. So können Sie viele verloren geglaubte Meter mehr als kompensieren. Simulieren Sie bei den Trockenübungen die Belastungszeiten des Wettkampfs oder wählen Sie eine kurze Variante nach dem Muster der hoch-intensiven Intervallmethode (HIT) mit 20 Sekunden Belastungszeit und 10 Sekunden Pause bei acht Wiederholungen. So kommen Sie in nur wenigen Minuten auf ein sehr anspruchsvolles Programm und können anschließend bestens aufgewärmt das Wassertraining aufnehmen.

Beispiel: Trockentraining (Zugseil, Klimmzug, Liegestütz, Crunches mit Zusatzgewicht, Medizinball prellen) mit 4-8 Wiederholungen (20 s Belastung + 10 s Pause pro Station), Serienpause: 60-120 Sekunden

Tipp 5: Kurz und hart!

Mitunter ist die Versuchung groß, trotz geringen Zeitbudgets einen möglichst hohen Umfang zu realisieren. Generell sollte das auch immer mal wieder der Anspruch sein, um die Grundlagenausdauer zu entwickeln und die Muskulatur zu entspannen. Dazwischen aber können Sie mit hohen Intensitäten sehr viel erreichen. Da der anaerobe Anteil der Wettkampfstrecken im Regelfall sehr bedeutend ist, können Sie besonders mit kurzen Intervallen von 25 bis 100 Meter Länge eine sehr hohe Effektivität in Ihr Training bringen. Achten Sie auf ein ausreichendes Ausschwimmen, um sich zum Ende hin auch wieder zu entspannen. Davor jedoch kann es richtig zur Sache gehen.

Beispielserien:
4 x 25 m: Sprint mit 10 s Pause
4 x 50 m: Sprint mit 10 s Pause
4 x 25 m: Sprint, Start alle 4 min, dazwischen locker schwimmen
4 x 100 m: Max. Tempo, Pause: 4 min aktive Pause

Tipp 6: Herausforderungen suchen

Wie wäre es mit einem echten Projekt? Setzen Sie sich doch einmal an den Schreibtisch und konzipieren Sie echte Herausforderungen. Herausforderungen, von denen Sie vielleicht gar nicht wissen, ob Sie sie überhaupt realisieren können. Das könnte eine Serie von 10 x 25 Meter Delfin sein oder 30 Minuten Lagenschwimmen am Stück. Sie werden sehen: wenn Sie erst einmal in diese Überlegungen eingetaucht sind, fallen Ihnen viele attraktive Intervallserien ein. Genau die richtige Zutat für das Training unter Zeitnot.

Beispielserien:
8 x 50 m: Delfin, Pause: 30 s
30 min: Lagenschwimmen ohne Pause
20 x 50 m: Overload mit Widerstand (T-Shirt, kurze Laufhose o.Ä.)

Holger Lüning
Holger Lüninghttps://holgerluening.de/
Holger Lüning ist Sportwissenschaftler und Schwimmtrainer mit rund 30 Jahren Erfahrung im Hochleistungssport. Er schwamm er in der Bundesligamannschaft des EOSC Offenbach und gewann im Masterbereich zahlreiche Meistertitel.

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